Der Volksglaube als Wegbereiter der Bluttransfusion / von Walter Artelt.

Artelt, Walter, 1906-

Date:: 1941

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Credit: Der Volksglaube als Wegbereiter der Bluttransfusion / von Walter Artelt. Source: Wellcome Collection.

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Die Anwendungsweisen des Blutes sind dabei recht verschieden. Nach Ovid verjüngt die Zauberin Medea dadurch, daß sie das alte Blut ausfließen läßt und neues durch Zaubersäfte bildet. Die mittelalterliche Legende läßt den König Alexander frisch und ge¬ sund werden, als ihn ein „weiser Meister“ mit dem Blute seiner fünf Kinder wäscht. Und wie die Eingeborenen in Australien die Alten des Stammes zur Auffrischung das Blut von Jünglingen trinken lassen, so empfiehlt im J. 1700 ein volksmedizinisches Rezeptbuch, die „Curiöse Hausapotheke“, ein Verjüngungselixir aus dem Blute eines jungen, gesunden Menschen zum Einnehmen in gutem Wein1). Auch der Vampir sucht nach der Volksmeinung in seiner Gier nach dem Leben mit dem getrunkenen Blute seiner Opfer das Leben zurückzugewinnen2). Diese Vorstellungen des Volkes waren auch in der gelehrten Welt der Renaissance durchaus bekannt und anerkannt. Das be¬ zeugt Marsilio Ficino3), wenn er sagt: „Es ist ein allgemeiner und alter Brauch, daß einzelne alte Leute das Blut von Kindern saugen, durch das sie ihre Kräfte verjüngen. Warum saugen nicht auch unsere Greise, wenn sie jeder Hilfe beraubt sind, das Blut eines Jünglings?“ So ist es nur natürlich, daß eine Reihe von Ärzten des 16. und 17. Jhdts., denen diese Gedankengänge ebenso vertraut waren, unabhängig voneinander auf die Idee kamen, daß eine direkte Übertragung des Blutes, eine transfusio sanguinis, viel wirksamer sein müsse. Daß diese ärztlichen Vorschläge — noch vor William Har- veys Entdeckung des Blutkreislaufs gemacht — wirklich aus den volkstümlichen Anschauungen über das Blut erwachsen sind, zeigt eindeutig die Indikationsstellung. Girolamo Cardano, in dessen Buch „De rerum varietate“ (1558) der erste derartige Vorschlag niedergelegt ist, spricht von einer möglichen moralischen Verbesse¬ rung durch Blutübertragung von einem „Jüngling von guten Sitten“. Andreas Liebau erwähnt 1615, Giovanni Colle di Belluno 1628 die Bluttransfusion zur Verjüngung, der erstere 0 Vgl. ebenda Sp. 1436f. 2) Vgl. Geiger, Art. „Nachzehrer“, ebenda Bd. 6 (1934/35) Sp. 812—823. 3) Die im folgenden erwähnten Äußerungen von Ficino, Cardano, Liebau, Colle di Belluno, Folli, Hoffmann über die Blutübertragung sind immer wieder in den Arbeiten zur Geschichte der Transfusion angeführt und belegt worden. Es sei daher hier nur auf die letzte umfassende Monographie ver¬ wiesen: Alessandro Simili, Origine e vicende della trasfus4one del sangue (Bologna 1933).