Erfahrungen über Schusswunden im Jahr 1866 als Nachtrag zu den Maximen der Kriegsheilkunst / von Dr. L. Stromeyer.

  • Stromeyer, Georg Friedrich Louis, 1804-1876.
Date:
1867
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Erfahrungen über Schusswunden im Jahr 1866 als Nachtrag zu den Maximen der Kriegsheilkunst / von Dr. L. Stromeyer. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by UCL Library Services. The original may be consulted at UCL (University College London)

    62/72 (page 56)
    Davon sind 26 geheilt mit Amputation des Ober- schenkels 15, mit Erhaltung des Gliedes 11. Gestorben sind . . . . 15 nach vorhergegangener Amputation. Summa . . .41. Man könnte aus dieser Statistik auch allenfalls den Schluss ziehen, es sei nicht so schlimm mit den Knieschüssen wie man früher geglaubt habe und es bedürfe nur des Versuches um auch diese gefürchteten Wunden in das Bereich der conservativen Chirur- gie zu ziehen. Man beruft sich dabei auf Fälle, in denen die Kugel neben der Patella eindrang und in der Kniekehle wieder austrat, also das Kniegelenk geöffnet haben müsse. Man vergisst dabei, dass es zu Anfang unseres Jahrhunderts schon einen Mann gegeben hat, bei dessen Tode man sagte, die Sonne der französischen Chirur- gie sei mit ihm untergegangen. Sein Name war Dupuytren. Er fing seine Studien über die Wirkungen der Projectile damit an, dass er, nach der Julirevolution, ihre Spuren an Säulen und Ni- schen der Häuser von Paris studirte, wodurch er dann den für die chirurgische Praxis wichtigen Lehrsatz erläuterte, dass die Kugeln nicht immer in einer annähernd geraden Richtung fliegen. Dies hatte man freilich längst gewusst, aber Dupuytren hielt es offen- bar für nöthig, es auf eine handgreifliche Weise in Erinnerung zu bringen, um solche Urtheile zu vermeiden, wie, die Kugel ist hier ein- und dort ausgetreten, muss also folgende Theile verletzt haben. Wenn deshalb eine Schusswunde am Knie ohne Schwierigkeiten heilt, bei welcher die Kugel das Gelenk geöffnet haben müsste, wenn sie einen geraden Lauf eingehalten hätte, so urtheilt ein vor- sichtiger Arzt: sie muss von ihrem geraden Fluge abgelenkt sein und hat das Gelenk umgangen. Nach den Erfahrungen in Langensalza muss ich leider mehr als je der Ansicht huldigen, dass eine mit Eröffnung der Gelenk- kapsel hervorgebrachte Verletzung der articulirenden Gelenkenden zu den schwersten Verletzungen gehöre, bei denen die conservative Chirurgie sich bis jetzt ziemlich machtlos gezeigt hat. In Langensalza waren die Verwundeten nicht weit transportirt, die verletzten Kniegelenke wurden immobilisirt und es fehlte nicht an Eis, wie öfter in Schleswig-Holstein. Es fehlte auch nicht an Aerzten, welche mit Beharrlichkeit an der Idee hingen, die Knie- gelenksschüsse müssten heilen, wie andere Wunden, und doch wurde nichts erreicht, gar nichts in allen Fällen, in welchen die Diagnose durch Ausfluss von Synovia über allen Zweifel erhoben war. Die