Die angeborene Luxation des Hüftgelenkes / von Max Schede.

Schede, Max, 1844-1902.

Date:: 1900

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Credit: Die angeborene Luxation des Hüftgelenkes / von Max Schede. Source: Wellcome Collection.

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ist, wenn sie überhaupt vorkommt, jedenfalls ein ausserordentlich seltenes Ereignis. Allerdings lässt sich bei älteren Kindern gelegentlich konstatieren, dass die Epiphysenfugen der Pfanne früher verknöchern, als es normaler Weise der Fall sein sollte. (S. z. B. Fig. 16 u. 17.) Aber man kann 100 Actinogramme von angeborenen Luxationen durchmustern mit vorzüglich aus- gebildeten Knorpelfugen, ehe man auch nur auf eine frühe Verknöcherung trifft und vor dem 12. Jahre habe ich eine solche bisher überhaupt nicht gesehen. So zeigen denn auch fast unsere sämtlichen Abbildungen die wohlerhaltene Epiphysenfuge in Gestalt eines schmalen hellen Streifens in der Mitte der Pfanne, und nur in Fig. 16 u. 17, die Becken eines 12- u. 13jährigen Mädchens darstellend, fehlt derselbe gänzlich, während er in Fig. 19 (lOjähr. Mädchen) nur noch schwach angedeutet erscheint. Auf der verkleinerten Reproduktion nicht gut zu erkennen, aus der Originalplatte aber deutlich. Die Richtung der primären Luxation. Ein Kind mit angeborener Luxation bringt ein unvollkommen ausgebildetes Hüftgelenk mit zur Welt, welches sich dadurch auszeichnet, dass ein Parallelismus zwischen der Höhlung der Pfanne und der Wölbung des Kopfes nicht besteht, dass die Pfanne kleiner und flacher ist, als normal und das Pfannendach aus einem annähernd horizontal gerichteten Gewölbe zu einer mehr oder weniger schräg, sowohl nach aussen und oben, wie nach vorn und oben aufsteigenden schiefen Ebene geworden ist. Ja, in schweren Fällen verschwindet das Pfannendach so gut wie ganz. Auf dem Röntgenbild stellt dann der Pfannenteil des Os ileum nur noch eine ganz kurze, ab- geschrägte Fläche dar, die fast ohne bemerkbare Grenze in die äussere Fläche des Darmheins übergeht. Fig. 1 bringt ein normales und ein einseitig Fixiertes Gelenk mit mittelschweren Pfannenveränderungen zur Anschauung, während die in Fig. 2 dargestellte doppelseitige Luxation einen wesentlich höheren Grad von Steilheit des Pfannendaches erkennen lässt. Beide Bilder stammen von noch nicht behandelten Mädchen von 20 Monaten. Es ist natürlich, dass eine solche Pfanne dem Gelenkkopf keinen sicheren Halt ge- währt. Der Kopf gleitet an der glatten schiefen Ebene in die Höhe, auch dann, wenn er selbst annähernd normale Verhältnisse hat und auch schon zu einer Zeit, wo die Belastung durch den Gang noch keine Rolle gespielt hat. Die bewegende Kraft hat man anfangs selbstverständ- lich, wie das neuerdings auch von F. Lange (v. Volk mann, Samml. kl. Vorträge N. F. No. 240) in München hervorgeboben ist, in der elastischen Spannung und den Kontraktionen der pelvi- femoralen Muskeln zu suchen, von denen der bei weitem grösste und stärkere Teil den Gelenk- kopf nach oben, oben hinten oder oben vorn zu ziehen strebt (Glut, maximus, hintere Hälfte des Glut. med. und minim. Pyriformis, Gemelli, Obturatoren, alle Adductoren mit Ausnahme der untersten Bündel des Adduktor magnus und endlich der Reopsoas). Diese Muskelwirkung ist für sich allein vollkommen ausreichend, Verschiebungen des Gelenkkopfes um '/2 — 11/2 ctm herbeizuführen, aus denen sich auch bei ganz jungen Kindern, die noch nicht gegangen sind, ohne Schwierigkeit die richtige Diagnose stellen läst, wenn man nur klare Vorstellungen von den möglichen oder wahrscheinlichen pathologischen Veränderungen mitbringt und die sehr ein- fachen Handgriffe kennt, welche dieselben unzweifelhaft feststellen. Es ist einer Anzahl neuerer anatomischer — ganz besonders aber auch den zahllosen klinischen, durch Röntgenauf- nahmen kontrollierten Untersuchungen der letzten Jahre zu danken, wenn in dieser Hinsicht frühere Irrtümer beseitigt und richtigere Anschauungen an ihre Stelle getreten sind. Bis vor kurzem war man nämlich gar nicht im Zweifel darüber, dass der Gelenkkopf bei der angeborenen Luxation die Pfanne in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle nach hinten und oben verlässt, dass sich also in der Regel von vornherein eine Luxatio iliaca herausbildet. Es existierten zwar einige Mitteilungen in der Litteratur, nach denen der Kopf angeboren auf das Schambein oder auf das Foramen obturatorium disloziert gefunden wurde — aber solche Vorkommnisse wurden, was für die Luxatio obturatoria ja auch richtig ist, für extreme Seltenheiten gehalten. Die Luxatio iliaca galt für die allein typisch vor- 1*