Grundriss der Geschichte der Medicin und des heilenden Standes / von Joh. Hermann Baas.

  • Baas, Joh. Hermann (Johann Hermann), 1838-1909.
Date:
1876
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Credit: Grundriss der Geschichte der Medicin und des heilenden Standes / von Joh. Hermann Baas. Source: Wellcome Collection.

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    Aerzte — wie heute noch viele englische - vor Antritt ihrer Praxis Reisen nach verschiedenen Badeorten, wie z. B. Heim, was jedenfalls besser war, als das heutige Verfahren, nach welchem man bloss die betreffenden leider allzuoft auf Reclame abgesehenen Badeschriften und die Analysen zu Käthe zieht, im Allgemeinen un- bekümmert darum, ob denn auch die Badeeinrichtungen, die Ver- pflegung und die einzelnen sich empfehlenden Aerzte wirklich gut sind. Man sah sich also damals noch um, ob das Ganze nicht auf niedrige Aussaugung kranker, oft genug dazu unbemittelter, also doppelt unglücklicher Menschen abzielte, damit nicht für diese der Bäder- besuch statt Heilung von Krankheit nur neue Sorgen und nach- heriges Abdarben an sonst den Leidenden nachträglich nöthigen Be- dürfnissen zuwege bringe, besonders im Falle die Bäderbesuche, wie so häufig, ganz erfolglos bleiben sollten. Die Anzahl der Badeärzte war gegen heute noch gering und liest man desshalb nicht von der in Bädern jetzt hie und da blühenden erschreckenden Collegialität, von der die heimkehrenden Kranken nicht selten zu erzählen wissen, noch von überallhin schwirrenden, oft den Stand unerträglich er- niedrigenden Privatempfehlungsschreiben. Eine andre Neuerung, die das vorige Jahrhundert in die prak- tische Stellung brachte, waren die sogen. Hausärzte im besten Sinne des Wortes, welche Einrichtung, wie wir bereits erwähnt haben, dem Stande der Aerzte ein besonders vortheilhaftes Ge- präge mittheilte. Die Aerzte des 18. Jahrhunderts befassten sich, im Gegensatze zu denen der vorausgehenden Jahrhunderte — wenigstens war diess bei den besseren der Fall — nicht mehr mit abenteuerlichen Be- schäftigungen, wie Alchymie, Astrologie, Uroscopie u. dergl. Auch waren sie, obwohl oft im Besitze der betreffenden Kenntnisse, nicht mehr Chemiker, Physiker oder Mathematiker ex professo resp. Leh- rer, wie diess zumal im 17. Jahrh. häufig der Fall war, sondern sie übten nur die Arzneikunst. Auch standen sie nicht mehr in kurz- dauernden Contraktverhältnissen, noch weniger zogen sie umher, vielmehr blieben sie fast allgemein an dem einmal gewählten Nieder- lassungsorte oder wechselten doch nur sehr selten ihren Wohnsitz, wodurch der Stand der Aerzte einen stetigen und soliden Charakter erhielt und Gelegenheit fand, sich in der Achtung und Neigung der Clientschaft zu befestigen und zu erhalten, was im 17. Jahr- hundert in dem Masse noch nicht der Fall war. Auch verschwand mit der besseren gesellschaftlichen Stellung der Aerzte mancher mittelalterliche Auswuchs. Selbst schon auf den Hochschulen, ob-