Grundriss der Geschichte der Medicin und des heilenden Standes / von Joh. Hermann Baas.

  • Baas, Joh. Hermann (Johann Hermann), 1838-1909.
Date:
1876
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Credit: Grundriss der Geschichte der Medicin und des heilenden Standes / von Joh. Hermann Baas. Source: Wellcome Collection.

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    bestandenem Examen in jedem andern Rcichslande ohne neues Lan- desexamen niederzulassen. In Preussen wenigstens, das in bureau- kratischer Unterthanenbevormundung unter den deutschen Landen darin voranstand, musste, wie aus dem oben angegebenen Medici- naledikte hervorgeht, jeder Doctor medicinae ausser dem Facul- tätsexamen noch ein Examen vor dem Collegio in Berlin bestehen, ehe er im preussischen Staate prakticiren durfte und diese Verord- nung traf sogar die eigenen Unterthanen. Dagegen behielten die Aerzte doch wenigstens das freie Niederlassungsrecht auch in Preussen. In den anderen deutschen Ländern blieb die Freizügigkeit länger bestehen, als in dem damaligen bureaukratischen Musterstaat. — Auf dem Lande waren nur wenige innere Aerzte (medici puri), ausser den dort etwa angestellten Physicis, ansässig: die Praxis ge- hörte hier den Chirurgen, Barbierern etc. und nur in seltenen Fällen ward ein Arzt berufen. Eine Gattung von Aerzten entstand zahlreicher im 18. Jahr- hundert: die Badeärzte. In Deutschland waren sie eine Folge des' besonders durch Friedr. Hoffmann's Einfluss gesteigerten Bäder- besuchs, in Frankreich dagegen, das schon im 17. Jahrhundert staatlich angestellte Inspectoren der Bäder besass, erscheinen sie als eine vom Staate in's Leben gerufene Aerzteklasse. So wurde z. B. Senac vom Staate als oberster technischer Beamter für die Badeorte bestellt; insbesondere waren ihm die an den Badeplätzen bestehenden Badeanstalten für Arme und Soldaten unterstellt, An-, stalten, deren es bekanntlich schon bei den Römern gab. Auch in Deutschland — in Gastein tritt schon 1671 der erste ständige Bade- arzt auf — waren in einzelnen Bädern vom Staate besoldete, be- sondere Quellenärzte vorhanden, z. B. war Joh. Dan. Göhl (f 1733) Brunnenarzt in Freyenwalde und Chr. Fr. Stromeyer, als solcher bestallt, erhielt 1796 eine Besoldung von 750 Mark. Diess war jedoch selten und galt im Ganzen nur für einige klei- nere Quellenorte. An die grösseren verlegte man die Sitze der „Physici, wo es anging. Neben diesen waren aber auch schon einfache Praktiker als Badeärzte, wie z. B. [in Karlsbad, ansässig. Die Patienten Hessen sich im Grossen und Ganzen noch vor dem Bäderbesuche von ihren Aerzten die nöthigen Vorschriften ertheilen, nach denen sie dann verfahren, oder vertrauten sich den Bade- meistern an, wie das in früheren Zeiten als Regel Gebrauch war. Damit die Aerzte die betreffenden Rathschläge zu Hause aber er- theilen konnten, auch um die betreffenden Einrichtungen und die Wirkuhgen der Wasser kennen zu lernen, unternahmen viele deutsche