Volume 2

Lehrbuch der Nervenkrankheiten für Ärzte und Studierende / von prof. dr. H. Oppenheim.

  • Oppenheim, Hermann, 1858-1919.
Date:
1913
Catalogue details

Licence: Attribution-NonCommercial 4.0 International (CC BY-NC 4.0)

Credit: Lehrbuch der Nervenkrankheiten für Ärzte und Studierende / von prof. dr. H. Oppenheim. Source: Wellcome Collection.

    924/1172 (page 1698)
    Supraorbitalis, Ulnaris, Auricularis jnagnus, Saphenus major und andere sensible Nerven kann man eine Empfindung auslösen, die als eine aus- strahlende bezeichnet wird — Parästhesien im Ausbreitungsgebiet des entsprechenden Nerven —, während der Gesunde bei diesem Druck keine oder nur eine lokale Empfindung hat. Das, was auch beim Gesunden eintritt, wenn der N. ulnaris am Ellenbogengelenk durch Stoß oder starken Druck getroffen wird, macht sich hier schon bei schwachen Reizen geltend. Indes ist dieses Symptom keineswegs pathognomoniscli für Tetanie; so habe ich es häufig bei neuropathischen Individuen gefunden. — Über die Steigerung der elektrischen Erregbarkeit der sensiblen Nerven liegen bisher nur spärliche Erfahrungen vor. Bei Gesunden erzeugen schwache galvanische Ströme zunächst eine KaSE (Kathodenschließungsempfindung), die sehr bald in eine KaS-Dauer-Empfindung über- geht, dann folgt ASE und ASDE. — ... Schließlich kommt es bei Steigerung der Stromstärke nicht allein zu lokalen, sondern zu ausstrahlenden Empfindungen. Bei Tetanie stellen sie sich schon bei schwächeren Strömen ein, und die Intervalle zwischen lokaler und ausstrahlender sind so gering, daß diese Empfindungen fast bei der gleichen Stromstärke erweckt werden. Auch am Acusticus ist eine Steigerung der elektrischen Erreg- barkeit festgestellt worden (Chvostek jun.). Bechterew wies darauf hin, daß sich durch wiederholte Beizung eine immer wachsende Erhöhung der mech. und elektr. Erregbarkeit erzielen lasse; er nannte diese Erscheinung Erregungsreaktion. Daß die Steigerung der Erregbarkeit der motorischen Nerven auch für den thermischen Beiz Gültigkeit hat, zeigte Kashida (Mitt d. med. Eak. Tokio V). Philippson (B. k. W. 07) fand, daß sich die elektr. Erregbarkeit herabmindern läßt dadurch, daß man den galvanischen Strom längere Zeit kontinuierlich durch den Nerven leitet. Ealta-Budinger _(ref. B. k. W. 09 Nr. 20) wollen mittels des Effektes von Adrenalininjektionen eine Übererregbarkeit des Sympathicus festgestellt haben. Auch gelang es ihnen, bei akuter Tetanie durch Adrenalineinspritzung einen Anfall aus- zulösen. Von Interesse ist in dieser Hinsicht eine Beobachtung von Marek (Jahrb. f. Kind. XXIII Ergänz.). S. auch Ealta-Cohn, M. Kl. 11, Higier, Ergehn, d. Neurol. II. Bd. Jena 12. Anderweitige, inkonstante Symptome. Von den Sekre- tionsanomalien, die im Verlauf der Tetanie beobachtet werden, ist die Hyperidrosis (besonders nach den Anfällen) und die weit seltenere Polyurie, Albuminurie und Glykosurie hervorzuheben. Rötung, ödematöse Schwellung der Haut, Urticaria, Zoster, abnorme Pigmentierung sind ge- legentlich konstatiert worden. Eine interessante, aber nicht häufige Er- scheinung ist das Ausfallen der Haare und Nägel. Lähmungserscheinungen im Bereich einzelner Muskeln, be- sonders der Gesäß-, Becken- und Lendenmuskeln mit entsprechenden Gehstörungen (Watschelgang) fanden sich in einzelnen Fällen (Hoff- mann, Weiss, Kalischer, Fuchs), ebenso Atrophie und Anästhesie nur ausnahmsweise. Cnrsclimann konstatierte z. B. in einem halle von Magentetanie dauernde Gefühlsstörung im Gebiet des N. medianus. Gelegentlich kommt es zu einer Beteiligung der Sphinkteren, besonders zu Harnverhaltung; Ibrahim1), der die einschlägigen Erfahrungen zu- sammenstellt, meint, daß auch die Bronchialmuskulatur und das Heiz ergriffen werden könne. ) z. f. N. Bd. 41.