Volume 2

Lehrbuch der Nervenkrankheiten für Ärzte und Studierende / von prof. dr. H. Oppenheim.

  • Oppenheim, Hermann, 1858-1919.
Date:
1913
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Credit: Lehrbuch der Nervenkrankheiten für Ärzte und Studierende / von prof. dr. H. Oppenheim. Source: Wellcome Collection.

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    von wirklicher Simulation in diese Kategorie. Einzelne Autoren (Einstein, Jessen, Saenger) sind überhaupt der Meinung, daß die Unfallneurosen im Laufe der letzten Jahre immer seltener geworden seien. Pathologische Anatomie. Es liegt schon in der Bezeichnung Neurose, daß ein anatomisches Substrat dieser Krankheitszustände bisher nicht gefunden worden ist. Wir nehmen an, daß den Funktionsstörungen molekulare Veränderungen im zentralen Nervensystem zugrunde liegen. Wir verfügen zwar über eine kleine Zahl von Obduktionsfällen, doch war in diesen der Befund meist ein negativer. Einige Beobachtungen weisen aber darauf hin, daß Erschütterungen, die zu einer direkten, gröberen Läsion des zentralen Nervensystems nicht geführt haben, doch eine Erkrankung des Hirngefäßapparates, besonders der feineren Ge- fäße, und zwar Arteriosklerose, hyaline Degeneration und Endarteriitis obliterans nach sich ziehen können, und es ist wahrscheinlich, daß einzelne der erwähnten Symptome: z. B. der hartnäckige Kopfschmerz, die Schwindel- anfälle, die vasomotorischen Störungen auf derartigen Veränderungen be- ruhen (Kronthal1), Friedmann-), Koppen), wenngleich es nicht aus- geschlossen ist, daß diese auch erst eine Folge der wiederholten vaso- motorischen Störungen bilden können. Schmaus hat nachgewiesen, daß Erschütterungen des Rückenmarks, welche nicht mit irgendeiner gröberen anatomischen Läsion des Organs verbunden sind, ein Absterben der Nerven- fasern bzw' Quellung und Degeneration der Axenzylinder, Markzerfall etc. bewirken können; ebenso hat Bikeles gezeigt, daß man durch Schläge, welche gegen den Kopf des Versuchstieres geführt werden, einen Markzerfall in Nervenfasern des verlängerten Markes und Rückenmarks erzeugen kann, der nur durch die Marchische Methode zu erkennen ist. Ähnliches haben Ivirchgässer3) und Kazowsky festgestellt, während die Mit- teilungen von Scagliosi4) und Quzenberger sich besonders auf Be- funde an den Ganglienzellen (übrigens von zweifelhaftem Werte) beziehen. Derartige Erfahrungen mahnen zur Vorsicht in der Beurteilung; besonders könnten sie geeignet sein, ein Licht auf jene Erscheinungen zu werfen, die nicht psychogener Natur sind. So haben sich auch von den Neueren Vibert, Knapp, Crocq u. A. für die Annahme feinerer materieller Ver- änderungen bei den traumatischen Neurosen ausgesprochen. Und be- sonders ist es anzunehmen und auch bewiesen, daß den schweren Funktionsstörungen, wie sie durch Blitzschlag und Starkstrom hervor- gerufen werden können, materielle Prozesse zugrunde liegen (s. o.). Pathogenese. Nach unserer Auffassung sind die traumatischen Neurosen eine Folge der psychischen und physischen Erschütterung. Beide wirken vornehmlich auf das Großhirn und rufen molekulare Veränderungen in denjenigen Gebieten hervor, die die höheren seelischen und die in Beziehung zu diesen stehenden motorischen, sensorischen und sensiblen etc. Funktionen beherrschen. Damit können sich feinere materielle Läsionen (an den Gefäßwänden, Zerfall des Markes einzelner Fasern etc.) verbinden und die Grundlage einzelner Erscheinungen bilden. Aber auch ein die Körperperipherie treffendes Trauma kann dadurch auf das Großhirn wirken, daß die Erschütterung sich direkt in der Bahn der sensiblen Nerven auf dieses fortpflanzt und dieselben Veränderungen hervorruft, oder daß ein von einer Narbe ausgehender Beiz es dauernd beeinflußtr). Diese von mir gegebene Deutung haben Goldscheider und i)N. C. 1889 u. 1890. 2) A. f. P. XXIII u. Z. f.N. XI. »)Z.f.N.XI. 4) V. A.Bd. 152. *) Beiläufig möchte ich bemerken, daß leichte Traumen auch einen heilbringenden Einfluß auf gewisse neurasthenische Beschwerden ausüben können. So sind mir zwei Fälle bekannt, in denen eine hartnäckige, seit früher Jugend bestehende, offenbar