Milzbrand und Rauschbrand / bearbeitet von Wilhelm Koch.

  • Koch, Wilhelm.
Date:
1886
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Credit: Milzbrand und Rauschbrand / bearbeitet von Wilhelm Koch. Source: Wellcome Collection.

    180/192 (page 150)
    Allmählich sammelt sich aber das Material auch für eine entgegen- gesetzte Beweisführung. An ziemlich unschuldige, weder sehr aus- gedehnte, noch sehr intensive Verwundungen knüpfte die gleiche Complication ebenfalls an. So sah dieselbe: Fabr. v. Hilden nach einer geringfügigen Quetschung am Unterschenkel, Jubin nach Eröffnung einer Hämatocele, nach Fingerzerquetschung und nach Haarseilwunden, Molli^re nach Entfernung eines kleinen adenoiden Tumors aus der Brust auftreten. Bei dem unschuldigen Durchspiessungsbruche des Radius ist es zuweilen ähnlich gegangen. Von 7 meiner eigenen Beobachtungen beziehen sich 2 auf die Entfernung der Brust, wobei nur einmal die Achselhöhle ausgeräumt wurde, eine auf einen äusseren Harnröhrenschnitt, eine auf eine fast verheilte Oberschenkelamputation, eine auf eine Kopflappenwunde, eine auf einen Bauchschuss, eine endlich auf einen Brustschuss. Man darf also wohl behaupten, dass auch an relativ geringfügige Verwundungen die Gangrene foudroyante sich anschliessen kann und hätte ich etwas Besonderes an solchen Wunden hervorzuheben, so würde das nur eine gewisse Breite und Tiefe sein. Zum Mindesten scheint nämlich neben der Haut das Bindegewebe unter ihr in er- giebiger Weise getrennt werden zu müssen, wenn der Bauschbrand haften soll. Nach simpeln Impfstichen ist er in der That bisher nicht gesehen worden. Weil endlich neben cachectischen und alten Leuten auch solche in der Blüthe der Jahre befallen werden, wird die Nothwendigkeit, eine Disposition irgend welcher Art für das Zustandekommen des septischen Emphysems anzunehmen, durchaus hinfällig. Wichtiger aber als die Vertheidigung der Prädisposition scheint mir die Thatsache, dass der Process in ganz frischen Wunden unmittel- bar nach der Verletzung und auch in solchen sich entwickeln kann, welche im Stadium der Jauchung und Eiterung sich befinden. Jubin beobach- tete die Gangrän gegen Ende eines Tetanus nach Fingerquetschung; ich selbst sah sie nach einem Schuss in die Brust, welchem Eiterung und dann ebenfalls der Tetanus gefolgt war. Salleron's [23] Erfahrungen in dieser Frage sind bislang offenbar die grössten. Bei 35 Amputirten, die er an septischem Emphysem sterben sah, begann die Gasentwicke- lung 28mal innerhalb der ersten 8 Tage, 7mal nach dem 8. Tag. Der Erforschung der Aetiologie müssen sich bei einem solch späten Be- ginn selbstverständlich die allergrössten Schwierigkeiten entgegenstellen. Endlich sind die Wunden, in welchen der emphysematöse Brand sich etablirte, ähnlich wie die tetanischen, bisher auffällig häufig mit dem Erdboden oder mit Stoffen, die ihm entstammen, in unmittelbare Berührung gekommen. Ich erinnere nur an die Schussverletzungen, an die Bäder, welche die Extremitäten zermalmen, an die Strohlager, auf welchen die am Mittelfleisch und in der Leistenbeuge Operirten liegen, an die Verbandverfahren mit Erde, Kuhmist (!) u. A. m. §. 24. Ursachen. Ueber das Wesen des emphysematösen Brandes sind fast so viele Meinungen vorhanden als Autoren, welche