Milzbrand und Rauschbrand / bearbeitet von Wilhelm Koch.

  • Koch, Wilhelm.
Date:
1886
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Credit: Milzbrand und Rauschbrand / bearbeitet von Wilhelm Koch. Source: Wellcome Collection.

    171/192 (page 141)
    Capitel IV. Der Rauschbrandbacillus. §. 12. Form und Vorkommen in der Natur. Die Rausch- brandbacillen sind in der Regel kürzer als die meisten Exemplare des Milzbrandbacillus im Blut lebender Thiere, vielleicht etwas dicker als der Milzbrandbacillus, und an ihren Enden deutlich abgerundet. Oft liegt in ihrem einen Pol, denselben kolbig auftreibend, eine Spore. Bei anderen, etwas längeren Exemplaren sah ich öfter beide Pole intensiv, die Mitte gar nicht gefärbt, und bei einer dritten, noch etwas längeren Sorte zwei ungefärbte quer verlaufende Bänder. Ich halte diese Stellen nur zum Theil für Sporenlager, zum Theil für den Aus- druck beginnender Quertheilung. Charakteristisch für den Rauschbrandbacillus ist seine Beweg- lichkeit. Dieselbe ähnelt, sofern er ganz kurz ist, im Gesichtsfeld nicht in horizontaler Ebene, sondern mit dem kolbigen Ende voran nach den oberen Flüssigkeitsschichten sich vorwärts schiebt, den Pendelungen und Drehungen eines Brummkreisels. Hingegen schlängeln sich die längeren Rauschbrandbacillen genau wie ein Aal mit grosser Geschwindigkeit durchs Gesichtsfeld. Ich will später mittheilen, wie diese Erscheinung nur schwer sich unterdrücken lässt, leicht zu steigern ist und über Stunden und Tage selbst bei niedriger Tempe- ratur anhält. Auf künsthchen Nährböden gedeihen die Rauschbrandbacillen ohne jede Schwierigkeit schon bei Zimmertemperatur. Ich habe sie besonders charakteristisch in Gelatinen und auf Kartoffeln wachsen sehen. Die erstere verflüssigen sie unter Gasentwickelung und auf beiden Nährsubstanzen treten sie schliesslich als zierlich gefaltete, reticulirte, derbe, grauweisse Membran zusammen. Zu so langen Fäden, wie wir sie am Milzbrandbacillus auf Kartoffeln und Blutserum beobachten, wächst der Rauschbrandbacillus niemals aus. Fes er [8] hat ihn in der Natur, im Sumpfschlamm und in Sumpfobjecten der ünterstickel- und Grieslerbergeralpe (bei Leng- gries; s. Tafel II) gefunden und mit Erfolg verimpft; Strebe! kommt, nach einer Analyse der bekannteren Rauschbrandgegenden, zu dem Schlüsse, dass der Pilz auch auf lehmigem, nassem Boden gedeihen kann, wenn dessen Untergrund aus einem Gemenge ver- schiedenartiger Schiefer, hartem Mergel, Sandkalkstein und hartem, grauen Sandstein besteht, also wenig durchlässig ist. Die demon- stratio ad oculos ist dieser vorläufig rein theoretischen Abstraction nicht beigefügt, deren Vertheidigung ich schon deswegen verfrüht halten möchte, weil wir noch lange nicht alle Rauschbranddistricte und noch weniger deren geologische Eigenthümlichkeiten kennen. §. 13. Widerstandsfähigkeit gegen physikalische und chemische Einflüsse. Trocknet man die rauschigen, ödemdurch-