Hirnerschütterung, Hirndruck und chirurgische Eingriffe bei Hirnkrankheiten / von Theodor Kocher.

  • Kocher, Theodor, 1841-1917.
Date:
1901
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Credit: Hirnerschütterung, Hirndruck und chirurgische Eingriffe bei Hirnkrankheiten / von Theodor Kocher. Source: Wellcome Collection.

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    A. Zur Anatomie und Physiologie der Hirn- circnlation. Nachdem wir oben auseinandergesetzt haben, dass die zu Hirn- erschütterung und Hirndruck führenden Schädlichkeiten in ihrer Wirk- samkeit hauptsächlich beeinflusst sind durch die Möglichkeit eines rascheren oder langsameren Ausweichens des Schädelinhaltes, so ist es die Aufgabe, zu untersuchen, inwieweit Einrichtungen bestehen, welche dem normalen Inhalt der Schädelkapsel auszuweichen erlauben. Die Nicht- beachtung dieses Mechanismus hat zu Theorien des Hirndrucks geführt, welche den Thatsachen nicht entsprechen. Bin Ausweichen ist zunächst möglich für alle Flüssigkeiten, welche die Schädelkapsel einschliesst, so- weit ihnen Communicationswege zur Verfügung stehen. Solche bestehen für das Blut, und zwar in ganz besonders hohem Maasse für den Inhalt der Venen, sowie für die Cerebrospinalflüssigkeit. Die Anatomie gibt uns zum Theil Aufschluss über die Communicationswege des Blutes und des Liquor cerebrospinalis; indess sind gerade die letzteren doch noch nicht so weit abgeklärt, dass nicht auch Beiträge nach Beobachtung pathologi- scher Verhältnisse am Menschen werthvolle Aufschlüsse geben könnten. Prof. His, einer der competentesten Beurtheiler, erklärte mir noch vor Kurzem mündlich, dass die Circulationsverhältnisse der Lymphe in der Schädelkapsel für die Anatomen und Physiologen noch keineswegs in Wünschenswerther Weise abgeklärt seien. Ausser der Ausweichungsmög- lichkeit für Blut und Lymphe besteht eine solche noch für das ganze Gehirn, indem dasselbe in nicht unbeträchtlicher Weise Verschiebungen eingeht, zumal in den obersten Theil des Rückgratcanals eingepresst werden kann. Wir werden demgemäss einen kurzen Abriss über die anatomischen Verhältnisse der Gefässeinrichtungen im Schädel zu geben haben und danach eingehender die Physiologie der Hirncirculation ab- handeln müssen, welche seit dem Beginn experimentellen Studiums des Hirndrucks Gegenstand zahlreicher Erörterungen gewesen ist, indem man bald einsehen musste, dass die Circulation im Gehirn, angesichts der starren Hülle, von defjenigen im übrigen Körper erhebliche Abweichungen darbot.