Handbuch der Chirurgie.

Stromeyer, Georg Friedrich Louis, 1804-1876.

Date:: 1844-68

Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Handbuch der Chirurgie. Source: Wellcome Collection.

808/848 (page 796)

sie hält den Eiter mehr zurück, als dass sie ihn austriebe. Da diese nichts, geholfen hat, so schreitet man demnächst zu Injectionen, ge- wöhnlich von Höllensteinsolufioß® zuweilen von Camillenthee, Chlor- wasser oder Chinadecoct, um die Qualität des Eiters zu verbessern, der. dochnuriRnreitechet geworden ist, dass er nicht frei a fliessen konnte, und durch solche Injectionen ‚ von denen ein Theil immer in der Wunde zurückbleibt, um nichts besser wird. Am unschäd- lichsten sind wohl die Injectionen von warmem Wasser, ohne in- dess den beabsichtigten Zweck vollkommen zu erreichen. Es wäre sehr zu wünschen, dass die deutschen Chirurgen sich endlich frei machten von solchen stümperhaften Quacksalbereien, welche ihnen die Patienten sehr wenig Dank wissen, denn das täglich wiederholte Ausdrücken 'des Eiters ist ihnen viel schmerzhafter und angreifender, als ein ordentlicher Einschnitt. Oefter habe ich Kranke sagen hören: „aus dem Schneiden machen wir uns nichts, aber das Quetschen ist uns unerträglich.“ Wenn man in solchen Fällen, wo durch unpassende Behandlung die Eiterung stark und abeldkchönn geworden ist, durch passende Erweiterung, oder durch einen neuen Einschnitt für fortwährenden Abfluss sorgt, so vermindert sich augenblicklich die Quantität, es verbessert sich die Qualität des Eiters, und das Allemeiihetinlen hebt sich. Durch die von mir genannten Mittel ist man allein im Stande, den so gefürchteten Eitersenkungen vorzubeugen. Ich habe Gelegenheit gehabt, während des Feldzugs mich zu überzeugen, dass es zwei Formen von Eitersenkungen gibt, von denen nur die eine diesen Namen verdient, obgleich sie beide so genannt werden. Die wahre Eitersenkung entsteht dadurch, dass sich der an einer andern Stelle gebildete Eiter ins Zellgewebe, gewöhnlich unter den Fascien, dem Gesetze der Schwere nach, senkt, theils in’s Zellgewebe sich in- filtrirt, theils das Zellgewebe verdrängt, und sogleich grössere Höhlen bildet. Die zweite Art von Eitersenkung entsteht durch neue Ent- zündungsprocesse, wobei die Stelle aufschwillt, hart wird, später aber fluctuirt; schneidet man hier aber frühzeitig hinein, so kommt kein Eiter zum Vorschein, sondern Serum, oder eine gelatinöse Masse. Nichts desto weniger stehen diese mit Serum angefüllten Höhlen in Verbindung mit dem Hauptheerde der Eiterung, so dass man mitunter mit den Fingern von der serösen Höhle in die eiternde Höhle gelangen kann. Es scheint, dass in diesen Fällen das Eiter- serum unter der Fascie Infiltrationen gebildet habe, deren Folge ein lebhafter Entzündungsprocess war, angeregt durch die Schärfe des Secrets; während bei der wahren Eitersenkung der Eiter sich aus- breitet, ohne auf seinem Wege entzündliche Anschwellungen zu er- regen. Erst nach einigen Tagen und unter der Anwendung von