Die traumatischen Neurosen, nach den in der Nervenklinik der Charité in den 8 Jahren 1883-1891 gesammelten Beobachtungen.

  • Oppenheim, Hermann, 1858-1919.
Date:
1892
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Credit: Die traumatischen Neurosen, nach den in der Nervenklinik der Charité in den 8 Jahren 1883-1891 gesammelten Beobachtungen. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by the Francis A. Countway Library of Medicine, through the Medical Heritage Library. The original may be consulted at the Francis A. Countway Library of Medicine, Harvard Medical School.

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    wenn er dazu gedrängt wird. Im Uebrigen sind die Bewegungen der oberen Extremitäten nicht behindert. Die Besichtigung und Betastung der Wirbelsäule ergiebt nichts Pathologisches. Wenn die Hand des Untersuchenden ganz leicht über die Rückenhaut entsprechend den Dornfortsätzen hinwegstreicht, so zuckt Patient lebhaft zusammen, wie Jemand, der einen heftigen Schmerz empfindet und zeigt nachher eine Pulsfrequenz von 120 (vorher circa 90). Noch empfind- licher ist der Druck auf die Dornfortsätze selbst; besonders auf die des VI. und VII. Halswirbels, der unteren Brust- und der Lendenwirbel. Pat. sucht bei Bewegungen, besonders beim Sichniedersetzen und Auf- richten, die Wirbelsäule vor jeder Erschütterung zu schützen und stützt sich vorsichtig mit den Händen auf. Sein Gang ist höchst eigenthümlich, und man möchte sagen künst- lich; er setzt die Beine weit auseinander, schiebt das eine in auswärtsrotirter Stellung vor, aber nicht wie der Spasticus mit der Spitze klebend, sondern es mit der ganzen Sohle auf dem Boden fortschiebend, dann wird durch eine Drehung des Beckens der Rumpf etwas nach vorn gebracht, und darauf das andere Bein ebenso vorwärts geschoben, er sucht also den Boden überhaupt nicht zu verlassen. Manchmal wird auch das active Bein in zwei Absätzen vorwärts ge- schoben. In den unteren Extremitäten sind die passiven B ewegungen voll- ständig frei, die Sehnenphänomene von gewöhnlicher Stärke. Die activen Bewegungen (in der Rückenlage) zwar erhalten, werden aber im Hüftgelenk nicht in voller Ausdehnung ausgeführt. Die Kraft, die der Kranke im ersten Moment leistet, ist eine geringe; wenn er sich anstrengt, schwillt sie an, es geräth dann aber das Bein und der ganze Körper in's Zittern, der Puls hebt sich auf 120 p. M. Pat. stöhnt, das Gesicht röthet sich, man gewinnt den Eindruck, dass er auch die Antagonisten abnorm stark anspannt und da- durch selbst eine Hemmung für die Vollendung der Bewegungen schafft. Sensibilität: Obgleich der Pat. alle Reize im Gesicht und auf der Kopfhaut wahrnimmt, constatirt man doch, dass das Schmerzgefühl an der Kopfhaut erloschen, im Gesicht stark herabgesetzt ist; nur in der Umge- bung der Augen und der Mundöffnung worden Nadelstiche schmerzhaft em- pfunden. Auf der Mundschleimhaut selbst sind Nadelstiche nicht schmerzhaft. Gegen Licht ist Pat. sehr empfindlich, wird leicht geblendet. Das Gesichtsfeld für Weiss normal, für Farben im hohen Maasse con- centrisch eingeengt. Geruch, Geschmack und Gehör jedenfalls nicht wesentlich alterirt. An den Extremitäten keine grosse Sensibilitätsstörung. Hautreflexe er- halten. Bei Augenschluss kein wesentliches Schwanken, nur nimmt das Zittern beträchtlich zu. In der Nacht vom 4. zum 5. verlangte Pat. dringend den Arzt, weil er giftige Medicin (es war Bromkalium) erhalten zu haben glaubte.