Beiträge zur Neurologie der oberen Extremität / von W. Krause.

  • Krause, W. (Wilhelm), 1833-1910.
Date:
1865
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Credit: Beiträge zur Neurologie der oberen Extremität / von W. Krause. Source: Wellcome Collection.

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    Anatomisches. Man sieht aus der vorhergehenden historischen Uebersicht, wie unvollkommen die gestellten Fragen im Jahre 1856 beantwortet werden konnten. Es kam darauf an, angeben zu können, von welchem Cervicalnerv aus, wenn man von deren hinteren Aesten ganz ab- sieht, z. B. irgend ein Muskel oder irgend eine bestimmte Hautstelle der oberen Extremität des Menschen innervirt werde, allgemeiner gesprochen: welches die wahren Verbreitungs- bezirke einer jeden in den Plexus brachialis eintretenden Nervenwurzel seien. Offenbar ist die Beantwortung dieser Fragen unumgänglich nothwendig, wenn die systematische Neurologie etwas Anderes werden soll, als ein unverstandenes und desshalb so schwer zu übersehendes Haufwerk von besonders benannten Nervenbahnen, in denen Fasern von unbekanntem Ursprünge und unbekannter Bedeutung verlaufen. Nur nach Beantwortung jener Fragen kann man daran denken, es aufklären zu wollen, wesshalb die einzelnen Nervenstämme gerade die bestimmte Ursprungs- und Vertheilungsweise haben, die ihnen nun einmal zukommt. Dass die anatomischen Hand- und Lehrbücher hierüber nirgends Aufschluss zu geben versuchen, ist bekannt genug. Zog man die Untersuchungen von Kronenberg oder das Handbuch der Physiologie von Job. Müller zu Rathe, so erhielt man auf die oben gestellte Frage, woher ein beliebiger Muskel z. B. der oberen Extremität seine Nervenfasern beziehe zur Antwort: wahrscheinlich aus allen Nervenwurzeln, die in den Plexus brachialis eintreten. Nach Peyer liess sich wenigstens für das Kaninchen angeben, aus welchen zwei resp. drei in dem Plexus brachialis eintretenden Wurzeln ein bestimmter Muskel oder eine bestimmte Hautstelle ihre Nerven beziehen müsse. Seit Türck’s Untersuchungen wurde es wahrscheinlich, dass mindestens beim Hunde manche Hautstellen nur von einer Nervenwurzel aus innervirt werden, während Peyer für dieselbe Stelle die Quelle ihrer Nerven in zwei oder mehreren Wurzeln suchen zu müssen geglaubt hatte. Aber auf den Menschen konnten die erhaltenen Resultate um so weniger Anwendung finden, als es zweifelhaft blieb, ob die Differenzen in den Ergebnissen von Peyer und Tiirck aus Verschiedenheiten des anatomischen Baues verschiedener Säugetbier-Ordnungen, oder aus der bessern Untersuchungsmethode des letztgenannten Forschers abzuleiten seien, da ausser jenen Beiden weder Kronenberg noch sonst Jemand die Verbreituugsbezirke der sensiblen Hautnerven untersucht hatte. Seit 1856 hat sich nun in theoretischer Beziehung die Sachlage wesentlich geändert. So lange man annahm, dass die Nervenfasern in den Muskeln und in der Haut entweder mit Schlingen oder sonst auf eine gänzlich unbekannte Art endigten, war es möglicherweise thunlich, sich vorzustellen, dass aus verschiedenen Wurzeln stammende Fasern in mannig- faltigen, auch individuellen Modificationen unterworfenen Variationen durcheinander geflochten