Handbuch der Experimental-Physiologie der Pflanzen : Untersuchungen uber die allgemeinen Lebensbedingungen der Pflanzen und die Functionen ihrer Organe / von Julius Sachs.

Date:
1865
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Credit: Handbuch der Experimental-Physiologie der Pflanzen : Untersuchungen uber die allgemeinen Lebensbedingungen der Pflanzen und die Functionen ihrer Organe / von Julius Sachs. Source: Wellcome Collection.

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    denen Formen der Stützen hervorrufen, muss auf die genannte Arbeit verwiesen werden, da es sich hier zunächst nur um die Hervorhebung der beiden wesentlichsten Fragen han- delt ; diese betreffen aber die Gewebespannung der durch Berührung concav werdenden Or- gane und die Wirkungsweise der Berührung; zur Entscheidung dieser wesentlichsten Fra- gen müssen neue und ausführliche Untersuchungen unternommen werden1). Man hat mit Vorliebe die Analogie betont, welche die Krümmung der Ranken und Schlingpflanzen durch Berührung einerseits und die Bewegung der Mimosengelenke durch Stoss u. s. w. anderseits darbiete; es scheint aber, dass diese Analogie nur das Aeussere der Erscheinung trifft, da die mechanischen Bedingungen in beiden Fällen wesentlich andere sind: das gereizte Mimosen- gelenk wird schlaffer, die Spannung seiner Unterseite geringer, bei der gekrümmten Ranke und dem schlingenden Stamm w ird, w ie oben gezeigt, die Gewebespannung auf der berühr- ten Seite grösser als auf der abgewendeten; bei den Mimosengelenken besteht die Haupt- spannung zwischen dem Schwellkörper und dem axilen Strang, bei den Ranken dagegen scheint immer das axile Mark und die Epidermis die stärkste Spannung zu bew irken; bei den Mimosengelenken w ird die reizbare erschlaffende Hälfte des Organs concav, weil sie von der gegenüberliegenden (convexwerdenden) Hälfte' passiv hinabgedrückt wird, genau das Umgekehrte findet bei der Ranke und dem schlingenden Internodium statt, hier wird die convexe (nicht reizbare) Seite passiv hinübergezogen durch die gereizte concav werdende Hälfte des Organs; die Mimosengelenke gewinnen ihre Reizbarkeit vor der definitiven Ent- wickelung und behalten sie bis zum Tode des Blattes, die Ranken und Schlingstämme sind nur in einem bestimmten Entw ickelungszusland reizbar2), sobald sie ihre vollständige Aus- bildung erreicht haben, sind sie unempfindlich für Berührung; endlich besteht zwischen beiden Kategorieen von Organen ein auffallender Unterschied im Verhalten zum Licht; das Gewebe der Mimosengelenke verdankt seinen labilen Gleichgewichtszustand der dauernden vorhergehenden Einwirkung intensiven Lichts, das Gewebe muss sich im Phototonus befin- den, um reizbar zu sein, dunkelstarre oder gar etiolirte Blätter sind nicht reizbar; dagegen hat schon Mohl a. a. O. gezeigt, dass etiolirte Ranken und Schlingpflanzen sich um Stützen wänden und ich habe dasselbe an den Ranken von Cucurbita und Bryonia3), an den schlin- genden Internodien von Phaseolus und lpomaea4) beobachtet; der Molecularzustand des Gewebes, welcher die Reizbarkeit bedingt, ist hier offenbar ganz unabhängig vom Licht, ein Unterschied von Phototonus und Dunkelstarre besteht hier nicht, und die Gleichgiltigkeit der letztgenannten Organe gegen die heliotropische Wirkung des Lichts wurde schon von Mohl hervorgehoben (die Ranken von Yitis sind negativ heliotropisch, aber ziemlich träge, die schlingenden Internodien verhalten sich nur schwach heliotropisch). § 129. Es ist kaum zweifelhaft, dass die zahlreichen auf Krümmungen oder Drehungen beruhenden Bewegungen von Pflanzentheilen, welche ohne äussere Eingriffe, durch den Gang des Wachsthums selbst her- vorgerufen werden, ebenfalls mit Spannungen und Spannungsänderungen der verschiedenen Gewebeschichten verbunden sind und auf diesen zunächst 1) Die Arbeit von Asa Gray (Proceed. Americ. Acad. of Science und Edinb. new philos. journal 1859) ist mir nur aus einem Referat bekannt, und scheint diesem zu folge die hier her- vorgehobenen Fragen nicht näher zu beleuchten. 2; Mohl (a. a.O. p. 65) sagt, die Reizbarkeit der Ranken für Berührung entwickelt sich erst mit Vollendung ihres Längenwachsthums, das ist wohl, wie die folgenden Sätze zeigen, nicht ganz streng zu nehmen ; der letzte Wachsthumsact dürfte wohl erst die freiwillige Einrollung sein, welche offenbar durch das überwiegende Wachsthum der Oberseite bewirkt wird; wahr- scheinlich ist die Ranke für Berührung zu der Zeit reizbar, wo das ungleiche Wachsthum der I Ober- und Unterseite schon eine gewisse Spannung beider bewirkt, was kurz vor der Einrol- ! lung erfolgt. 3) Sachs: Botanische Zeitung 1863. Beilage p. 12. 4) ebenda 1865. p. 119. Vergl. auch § 15. Handbuch d. physiol. Botanik. IV. qq