Handbuch der Experimental-Physiologie der Pflanzen : Untersuchungen uber die allgemeinen Lebensbedingungen der Pflanzen und die Functionen ihrer Organe / von Julius Sachs.

Date:
1865
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Handbuch der Experimental-Physiologie der Pflanzen : Untersuchungen uber die allgemeinen Lebensbedingungen der Pflanzen und die Functionen ihrer Organe / von Julius Sachs. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by the Royal College of Physicians of Edinburgh. The original may be consulted at the Royal College of Physicians of Edinburgh.

    18/534 (page 2)
    Einwirkung der leuchtenden Sonnenstrahlen statt und zwar nur dann, wenn diese in die chlorophyllhaltigen Zellen mit hinreichend grosser Schwingungsin- tensität eindringen. Die chlorophyllhaltige Zelle ist das Organ dieser Thätigkeit, die Lichtstrahlen geben die Kraft her, durch welche die chemische Affinität des Sauerstoffs überwunden, und welche annähernd gemessen wird durch den Kraft- werth der Wärmemenge, w elche bei der Verbrennung der Pflanze zum Vorschein kommt. — Mit dieser wichtigen Function ist die Bedeutung des Lichtes für die Pflanze aber noch keineswegs erschöpft. Die Chlorophyllkörner, deren Beziehung zur Assimilation soeben angedeutet wurde, bedürfen, wenn auch nicht überall, so doch in sehr vielen Fällen zu ihrer vollen Ausbildung des Lichts, denn bei allen untersuchten Mono- und Dicotylen unterbleibt die Ausbildung des grünen Farb- stoffes im Finstern und bei sehr verminderter Beleuchtung. So hilft also in vie- len Fällen das Licht zuerst die Ausbildung der Assimilationsorgane zu bewirken, um ihnen später noch die Kräfte für diese fundamentale Function zu verleihen. Hat nun aber die Pflanze durch ihre chlorophyllhaltigen Organe unter dem Ein- fluss des Lichts ein Quantum assimilirter organisirbarer Substanzen in sich an- gesammelt, so kann dann eine lange Beihe chemischer Veränderungen und pla- stischer Vorgänge (Wachsthumserscheinungen) vor sich gehen, ohne dass das Licht unmittelbar dazu mitwirken müsste; das vorher unter dem Einflüsse des Lichts angesammelte Capital von Kräften und Stoffen kann dann auch in tiefer Finsterniss w eiter verwerthet w erden. Zum Verständniss dieser Thatsache müs- sen wir die Wachsthumsvorgänge in je zwei Acte sondern. Der erste derselben ist die Uranlage der Zellen , ihre Neubildung aus Mutterzellen; die experimen- telle Untersuchung sowohl, als die Betrachtung der allgemeinsten Vegetationsver- hältnisse haben mich zu dem Schlüsse geführt, dass dieser erste Act der organi- satorischen Thätigkeit nicht nur ohne den unmittelbaren Einfluss des Lichts stattfinden kann, sondern auch gewöhnlich slattfindet, ja in manchen Fällen werden derartige Bildungsvorgänge, die im Dunkeln vor sich gehen, durch inten- siveres Licht gehindert. Durch den zweiten Act der Formbildung werden die jungen Organe aus dem Knospenzustande zu ihrer definitiven Entfaltung gebracht, indem sich die bereits angelegten Zellen nach verschiedenen Bichlungen ver- schieden ausdehnen; dieser Vorgang steht bei den vorzugsweise chlorophyllhal- ligen Organen unter der regulirenden Herrschaft des Lichts; Wurzeln, Blüthen, Früchte und Samen, die Elemente des Holzkörpers, vorausgesetzt, dass das Ma- terial zu ihrer Bildung vorhanden ist, können auch in tiefer Finsterniss ihre nor- male Grösse, Gestalt und Färbung erlangen, aber die noch in Verlängerung be- griffenen Internodien und Blattslücke erreichen im Finstern gewöhnlich abnorme Längen, während die Spreiten der Laubblätter entweder zu lang und zu schmal werden oder überhaupt eine zu geringe Fläche erhalten. Das Licht ist also nö- thig zur Ausbildung der normalen Fläche dieser chlorophyllhaltigen Organe und es ist dabei zu bedenken, dass von der Grösse der Blattflächen die Anzahl der Lichtstrahlen abhängt, welche sie auffangen und für die Pflanze nutzbar machen können. Ausserdem hängt aber die Lichtmenge, welche auf eine gegebene Blatt— fläche fällt und somit die nutzbare Lichtintensität für die Pflanze ab von dem Sinus des Einfallswinkels der Strahlen, sie erreicht ihr Maximum, wenn die Strahlen senkrecht auf die Blattfläche fallen. Auch zur Erfüllung dieser Bedin-