Uber die Einwirkung des Strychnin auf das vasomotorische Nervencentrum / von Sigmund Mayer.

Date:
[1871]
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Credit: Uber die Einwirkung des Strychnin auf das vasomotorische Nervencentrum / von Sigmund Mayer. Source: Wellcome Collection.

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    schleunigung der Pulse auf reflectorischem Wege durch Herab- setzung des Vagustonus gesetzt werden kann, wie dies jüngsthin Hering1 auseinanderge setzt hat. Wenn es sich darum handelt, die Wirkung eines Giftes zu analysiren, so dürfte es für die Auffassung der Erscheinungen nicht ohne Wichtigkeit sein, dieselben mit Symptomencomplexen zu vergleichen, wie sie durch Beeinträchtigung normaler Körper- functionen hervorgerufen werden. Am genauesten bekannt sind in dieser Beziehung die mit der Unterbrechung der Respiration auftretenden sog. Erstickungs- erscheinungen. Nun ist nicht ohne Interesse wahrzunehmen, wie das Strychnin in seiner Wirkung auf den Organismus die grösste Ähnlichkeit mit der Erstickung darbietet. Sehen wir ab von der durch das Strychnin hervorgerufenen gesteigerten Thätigkeit der reflextermittelnden Apparate, welche eine specifische, hier nicht weiter zu erörternde Wirkung des Giftes darstellt, so haben wir zwischen Erstickung und Strychnin- wirkung eine frappante Ähnlichkeit. Hier wie dort eine bedeutende Steigerung des arteriellen Blutdruckes, welche durch eine in Folge einer Reizung des vasomotorischen Centrums hervor- gerufene Contraction der kleinen Arterien bedingt ist. Sodann ist der Erstickung, wie vielen Fällen der Strychninvergiftung, die Pulsverlangsamung in Folge einer centralen Erregung der hemmenden Vagusfasern gemeinschaftlich. Drittens treten Krämpfe der quergestreiften Muskulatur auf bei der Erstickung ebenso wie bei der Strychninvergiftung. Und hier ist der Ort, an dem ich nicht umhin kann, einer weitverbreiteten unrich- tigen Vorstellung über die Strychnin Wirkung entgegenzutreten. Nach dieser werden nämlich die Krämpfe bei der Strychnin- intoxication vorzugsweise als eine vom Rückenmarke abhängige Erscheinung aufgefasst; ihr leichtes Auftreten wird an das gesteigerte Reflexvermögen des Rückenmarkes unter Intervention von der Peripherie herkommender sensibler Erregungen geknüpft. DieseAuffassung aber ist entschieden der wirklichen Sachlage nicht entsprechend, indem die zuerst auftretenden Krämpfe hauptsäch- 1 Sitzungsberichte der kais. Akademie d. Wissensch. zu Wien, Bd. LXIV 1871.