Einwirkung des Spermins auf den Stoffumsatz bei Autointoxicationen im Allgemeinen und bei harnsaurer Diathese im Speciellen / von Alexander Poehl.

  • Poehl, Aleksandr Vasil'evich, 1850-1908.
Date:
1894
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Credit: Einwirkung des Spermins auf den Stoffumsatz bei Autointoxicationen im Allgemeinen und bei harnsaurer Diathese im Speciellen / von Alexander Poehl. Source: Wellcome Collection.

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    nach Spermineinführüng eintretende Hebung des Selbstgefühls, eine ihrer Natur nach rein subjective Erscheinung, wird sehr häufig als Suggestions- wirkung hingestellt. Bei dem gegenwärtigen Zustande der Medicin ist es häufig nicht möglich, die Suggestionswirkung ganz auszuschliessen, ebenso wie das Gegentheil direct zu behaupten; die mit Sperrain ange- stellten Thierversuche, Beobachtungen an bewusstlosen Individuen und kleinen Kindern schliessen entschieden den Einfluss der Suggestion aus. Ohne eine Mitwirkung der Suggestion bei der Sperminbehandlung, wie übrigens bei jeder therapeutischen Methode absolut in Abrede stellen zu wollen, glaube ich doch, dass die Hebung des Selbstgefühls genügend durch Beseitigung der Autointoxication erklärt werden kann; auch Ar- mand Gautier hat den causalen Zusammenhang zwischen der Spermin- wirkung und gehobenem Selbstgefühl dadurch zu erklären gesucht, dass das Nervengewebe von seinen Abfallsproducten durch Oxydation der Leukomaine entlastet wird und hierdurch seine Frische und functionelle Leistungsfähigkeit wiedergewinnt. In Ermangelung anderer objectiver Controlmethoden zur objectiven Werthschätzung des Selbstgefühls möchte ich den Oxydationscoefficienten (Yerhältniss des Gesammtstickstoffs des Harns zum Harnstoffstickstoff und des Harnstoffs zu Chlornatrium) als recht geeigneten Maassstab empfehlen. Die in jüngster Zeit in die Praxis eingeführte Gewebssafttherapie beruht wesentlich auf der Wirkung des in den verschiedenen Säften ent- haltenen Spermins. Meiner Ueberzeugung nach werden die Effecte der Gewebssafttherapie zum Theil auf Hebung der Autointoxication zurück- zuführen sein, wobei das Spermin eine wesentliche Rolle spielt. Die seltsame Erscheinung, dass der Gewebssaft- resp. Spermintherapie so viel Skepsis entgegen gebracht wird, beruht wahrscheinlich auf der die gegenwärtige Richtung charakterisirenden Vorliebe für toxische Heilmittel. Letztere sind aber dadurch ausgezeichnet, dass sie als fremde Stoffe in den Körper zu therapeutischen Zwecken eingeführt, in demselben meist leicht wahrnehmbare Veränderungen der Functionen hervorrufen, wäh- rend ein physiologisches Mittel in seiner Wirkung der vis medicatrix naturae näher kommt und keine heftigen Reactionen im Organismus erzeugt. Ein solches physiologisches Mittel ist das Spermin, das den Selbstschutz des Organismus vor der demselben stets drohenden Auto- intoxication besorgt und bei Erkrankungen desselben als physiologisches Tonicum ein Element dieser vis medicatrix naturae bildet. Die Prü- fung der Wirkung solcher physiologischen Mittel bietet grössere Schwie- rigkeiten, als die der sogenannten heroischen, doch sind solche unsere biologischen Kenntnisse erweiternde Forschungen sehr erwünscht, da die- selben neue therapeutische Wege zum Heile der Menschheit ebnen. Gedruckt bei L. Schumacher in Berlin.