Die experimentelle Analyse der Bewusstseinsphänomene / von Wilhelm Wirth.

Wirth, Wilhelm, 1876-1952.

Date:: 1908

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Credit: Die experimentelle Analyse der Bewusstseinsphänomene / von Wilhelm Wirth. Source: Wellcome Collection.

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aber sogleich hier besonders betont werden, daß es sich hierbei immer erst um ganz spezielle Wechselwirkungen gleichzeitiger Bewußtseinsinhalte als solcher handelt, die keineswegs etwa aus dem allgemeinsten Wesen alles Bewußtseins, d. h. dem Neben- einander elementarer Momente in einem individuellen Bewußtseins- bestande überhaupt, sozusagen a priori abgeleitet werden könnten, sondern erst durch speziellere Eigenschaften der dispositionellen psychophysischen Grundlage unseres Bewußtseins veranlaßt sind. Die Struktur des Gesamtbestandes als solchen würde es ins- besondere nicht undenkbar erscheinen lassen, daß die gleichzeiti- gen Unterbestände und ihre einzelnen Teile und Merkmale völlig unabhängig voneinander in ganz gleichmäßiger Vergegen- wärtigung nur von den vorgestellten Gegenständen und ihrem Werte für uns bestimmt würden. Dieser Gedanke lag ja schon in jener aristotelischen Annahme eines Bewußtseinsideales des göttlichen Geistes enthalten, der alles Denkbare allzumal aktuell umfasse. Bei unserer tatsächlichen Anlage fällt aber natürlich auch der oberflächlichsten Beobachtung sofort die weit- gehendste Einschränkung jener gegenseitigen Unabhängigkeit gleichzeitigerBewußtseinsinkalte auf,die vielleicht schon Diogenes von Apollonia1) eine Konkurrenz der Sinnesgebiete um einen Anteil an dem begrenzten Quantum jenes zu Anfang erwähnten „Seelenstoffes“ hypostasieren ließ und von Locke als „Enge des Bewußtseins“ bezeichnet wurde. Sie soll uns als ein System be- sonderer Vorgänge im folgenden speziell beschäftigen. 3. Das Wesen dieser Einschränkung kann aber nun keines- falls etwa vollständig auf jene Wechselwirkungen zwischen den koordinierten Unterbeständen des Bewußtseins zurückgeführt werden, die im folgenden analysiert werden. Der Umfang des jeweiligen Bewußtseins ist vielmehr zunächst einfach schon des- halb auf eine mehr oder weniger konstante Anzahl gleichzeitiger Momente eingeschränkt, weil es in einem gegebenen Entwicke- lungsstadium nur eine begrenzte Anzahl von Einzeldispositionen gibt, deren Aktualisierung eine der „Stellen“ des bewußten Gesamtbestandes ausfüllt, bzw. neu in dem Bestand emporsteigen läßt, die entweder rein qualitativ, wie die verschiedenen gleich- zeitig gehörten Tonhöhen im „Tonfelde“, zeitlich oder räumlich, l) Sieheck, Geschichte der Psychologie I, 1, S. 117.