Volume 3

Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen.

Date:
1880-1884
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Credit: Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen. Source: Wellcome Collection.

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    hereinbrach, fasste der Berliner Gymnasiallehrer Friedrich Lud- wig Jahn (geb. 11. August 1778, gest. 15. Oktober 1852) den Plan durch eine kräftige pädagogische Gymnastik die Jugend aus dem weichlichen Genussleben herauszureissen und sie zu dem Grade der Kraft und Energie heranzubilden, dass sie später im Stande sei das Joch der Fremdherrschaft zu brechen. Im Jahre 1810 veröffentlichte er seine Gedanken in dem Werk: „Deutsches Volksthum'' und in dem darauf folgenden Jahre eröffnete er den ersten Turnplatz in der Hasenhaide bei Berlin. In Gemeinschaft mit Friesen, Eiselen und Massmann bildete nun Jahn nach seinen eigenen Gedanken eine Gymnastik aus, welche nicht nur den Zweck hatte, ein genügen- des Gegengewicht gegen die sitzende Lebensweise und die geistigen Anstrengungen der Schulstunden zu sein, sondern welche in ihren Forderungen weit darüber hinaus ging und die höchst erreichbare körperliche Kraft und Gewandtheit nebst Festigkeit und Uner- schrockenheit des Muthes erstrebte, denn nur diese Anforderungen entsprachen seinem Ziel der Wehrhaftmachung der Jugend und der Stählung der körperlichen und geistigen Spannkraft. Entsprechend seinem Streben, alle Fremdwörter aus der deutschen Sprache zu ent- fernen und durch Worte deutschen Ursprungs zu ersetzen, benannte er seine Gymnastik mit dem Worte: Turnen. Er motivirte dieses Wort folgendermaassen: „Turnen ist ein deutscher Urlaut, der sich auch in mehreren deutschen Schwestersprachen findet und überall ein kräftiges Drehen, Schwenken, Kegen und Bewegen bedeutet. „Ein Turner war bei den Alten ein junger Soldat, ein tummel- hafter, wackerer Kerl, ein frischer, junger Gesell, der sich in rit- terlichen Thaten übte, daher Turnieren und Turnier seinen Namen und Anfang genommen. — So war dem Worte Turnen von Anfang an der Sinn einer lebhaften rührigen, aber wenig geregelten Be- wegung gegeben und dieser Sinn haftete auch der Sache in der ihr von Jahn gegebenen Fassung an. Während der Jahre 1813 bis 1815 unterbrachen die Kriegser- eignisse die turnerische Thätigkeit in der Hasenhaide. Die Lehrer und Schüler traten bei der Armee ein und zwar mit Vorliebe bei dem Lützow'schen Freicorps. Friesen fiel im Feldzuge, Jahn kehrte 1815 zurück und tibernahm wieder die oberste Leitung des Turn- platzes , in welcher ihn während seiner Abwesenheit E i s e 1 e n ver- treten hatte. Mit diesem zusammen veröffentlichte Jahn im Jahre 1816 „Die deutsche Turnkunst. Schnell verbreitete sich jetzt von Berlin aus das Turnen durch ganz Deutschland, überall von Enthu- siasmus begrüsst und lebhaft ausgeübt, sowohl von der Jugend als