Volume 3

Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen.

Date:
1880-1884
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Credit: Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen. Source: Wellcome Collection.

    273/608 (page 261)
    läge gebraelit, und nun erfolgen dieselben Streichungen auf der Rückseite und zwar besonders im Nacken und auf den starken Muskel- massen zu beiden Seiten der Wirbelsäule. Eine solche Sitzung dauert etwa 1 Stunde und wird in den folgenden 3—4 Tagen wiederholt. Nach jeder Sitzung sollen die unregelmässigen Muskelzusammenzie- hungen geringer werden, und der Kranke gibt durch Geberden zu verstehen, dass er sich wohler fühlt. Der Schlaf, welcher zur Zeit der heftigsten Muskelkrämpfe vollkommen ausgeschlossen war, stellt sich allmählich wieder ein, und auch die Sprache fängt an zurück- zukehren. In den folgenden Tagen wird mit leichten Streichungen und Reibungen fortgefahren, und ausserdem fängt der Masseur an, sehr regelmässige und rhythmisch eingetheilte passive Bewegungen auszuführen. Besonders handelt es sich dabei um regelmässige Be- wegungen der Extremitäten in den 3 Hauptgelenken. Bei diesen Be- wegungen ist meistentheils eine nicht unbedeutende Spannung der Antagonisten zu tiberwinden, allmählich jedoch lässt die Spannung nach, und das Kind ist jetzt schon im Stande, durch active Muskel- contractionen die an ihm ausgeführten Bewegungen zu unterstützen. Auch die Schmerzen, welche Anfangs in den Muskeln bei Druck oder Dehnung auftraten, verringern sich nach einigen Sitzungen. Nachdem diese passive Gymnastik 8—10 Tage fortgesetzt ist, hat der Wille schon so viel Herrschaft über die Muskeln gewonnen, dass das Kind im Stande ist allein zu essen und einige Schritte zu gehen, wenn- gleich noch mit erheblichen Schwankungen. Jetzt wird es in den gymnastischen Saal genommen und mit anderen Kindern gleichzeitig weiter unterrichtet. Die Bewegungen, welche hier zur Ausführung kommen, sind die einfachsten physiologischen Bewegungen der Glie- der und des Stammes, welche die Aufmerksamkeit und den Willen wach erhalten. Eine grosse Anzahl der Bewegungen sind Massen- übungen, zu welchen der Lehrer sowie die Schüler Lieder mit scharf accentuirtem Tact singen, welcher mit dem Tempo der Bewegungen übereinstimmt. Der Rhythmus und die Nachahmung befördern die Herrschaft des Willens über die Muskeln. Diejenigen Kinder, deren Besserung bereits erheblich fortge- schritten ist, werden einzeln unter der Leitung des Lehrers zu leich- teren Geräthübungen zugelassen. Hierher gehören Uebungen im Hang, bei welchen das Kind sich bemüht, die unwillkürlichen Contractionen so weit zu beherrschen, dass es die ergriffene Stange nicht loslässt. Anfangs ist Beihülfe zu diesen Uebungen nothwendig, die später fort- fällt. Sowie Ermüdung eintritt, werden die Uebungen unterbrochen. Strenge Ordnung und Disciplin müssen im gymnastischen Saale herr-