Volume 3

Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen.

Date:
1880-1884
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Credit: Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen. Source: Wellcome Collection.

    272/608 (page 260)
    herzogthum Oldenburg ein Institut f'tir Stotternde. Seine Methode berück- sichtigt mit Ausschliessung aller äusseren mechanisclien Hülfsmittel die Gesammtheit der in dem Stottern zur Erscheinung tretenden Psychoneu- rose. Sie ist aber nicht ein Aggregat fremder Elemente, sondern eine organische Durchbildung zu einem Ganzen, dessen Theile nur dem Zweck des Ganzen dienen. Die letzte Coordinationsstörung, welche durch eine gymnastische Behandlung günstig beeinflusst wird, ist die Chorea, der Veitstanz. In den Jahren 1847 — 1857 wurden über diesen Punkt in Paris sehr eingehende Untersuchungen angestellt. Im Jahre 1847 wurde zum ersten- male versuchsweise ein gymnastischer Cursus im Hopital des enfants ma- lades eingerichtet, in welchen hauptsächlich scrophulöse Kinder eingereiht wurden. Die Erfolge, die bei denselben erzielt wurden, waren auffallend günstige, und das Comite der Aerzte dieses Hospitals berichtete darüber an den Conseil general des hopitaux et hospices civiles von Paris in sehr anerkennender Weise. Diesem Bericht fügte Dr. Bonneau die Notiz hinzu, dass die gymnastische Behandlung auch bei anderen Krankheiten als der Scrophulöse und zwar besonders bei der Chorea gute Resultate erzielt habe. Im Jahre 1 849 verfasste das ärztliche Comit6 einen zweiten Bericht, in welchem es um die dauernde Einführung der Gymnastik in das Kinderhospital petitionirte und die durch dieselbe bei der Chorea erzielten günstigen Erfolge hervorhob, worauf die definitive Einrichtung des gymnastischen Saales bewilligt wurde. Ein von Dr. See verfasstes Memoire über die Chorea, in welchem er die gymnastische Behandlung dieser Krankheit in die erste Linie stellte, wurde von der Academie des Sciences gekrönt. Im Jahre 1854 überreichte Dr. Blache der Academie de Medecine einen Bericht über die bei der Chorea erzielten Erfolge der gymnastischen Behandlung Uber welchen Bouvier im Jahre 1855 der Academie einen sehr günstigen Rapport abstattete. Es folgen dann noch einige Berichte in den Journalen über die mit günstigem Erfolg durch Gymnastik behandelten ChoreafäUe bis zum Jahre 1868. Wie sich seit dieser Zeit die Ansichten über die gymnastische Behandlung der Chorea in Frankreich gestaltet haben, ist mir nicht bekannt. Auch in Deutsch- land ist in den 50ger Jahren von der gymnastischen Behandlung der Chorea die Rede gewesen, doch hat diese Methode hier kein besonderes Aufsehen erregt und ist seit langer Zeit gänzlich in Vergessenheit gerathen. Die Art und Weise, aufweiche die gymnastische Behand- lung der Chorea zur Ausführung kommt, ist folgende: Im Aufaug, wenn die Muskelzuckungen so stark sind, dass die Glieder und der Stamm von unregelmässigen Bewegungen hin- und hergeschleudert werden, wird der Patient auf eine Matratze gelegt und auf derselben durch drei bis vier Gehülfen für die Dauer von 10—15 Minuten mög- lichst unbeweglich festgehalten. Alsdann beginnt der Masseur mit der vollen Handfläche über die oberen und unteren Extremitäten hin, sowie über die Brust leichte Streichungen auszuführen, welche all- mählich kräftiger werden. Darauf wird der Körper in die Bauch-