Volume 3

Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen.

Date:
1880-1884
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Credit: Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen. Source: Wellcome Collection.

    268/608 (page 256)
    das systematische ohne Uebereilung betriebene Rudern besonders empfehlen. Auch gegen heftige Kopfschmerzen und Migräne ist die Massage empfohlen, jedoch nicht in der Form eines kräftigen Rei- bens und Knetens, sondern als äusserst zarte streichende Berührun- gen des Gesichts des Patienten mit den Fingerspitzen und den inneren Handflächen des Masseurs. Es ist nicht zu bezweifeln, dass dadurch bei geschickter Ausführung ein hypnotischer Zustand herbeigeführt werden kann, während dessen Dauer die Schmerzen verschwinden. Der therapeutischen Verwendung dieses Zustandes stehen jedoch, be- sonders bei zur Hysterie neigenden Frauen, sehr bedeutende Beden- ken entgegen. Wenigstens hat der Hypnotismus, der ja seit Mes- mer also nahezu 100 Jahre bekannt ist und vielfach auf seine thera- peutische Leistungsfähigkeit geprüft wurde, bisher keine dauernden Erfolge zu erzielen vermocht, dagegen oft durch eine Ueberreizung des ganzen Nervensystems den mit demselben behandelten Patienten geschadet. Neuralgien können durch kräftigen Druck auf die Austritts- stelle der schmerzenden Nerven aus Löchern und Spalten der Kno- chen verringert und selbst vollkommen sistirt werden. Auch kräftiges Reiben der neuralgischen Körperstelle, besonders also bei der häu- figsten Neuralgie, derjenigen des N. trigeminus, der betreffenden Ge- sichtsstelle bis zur starken Röthung und selbst bis zum Wundwerden der Haut wird von den mit diesem schrecklichen Uebel Behafteten nicht selten als eine Erleichterung empfunden. Die Wirkung ist je- doch schnell vorübergehend, und dauernde Heilungen von Neuralgien dürften weder durch Gymnastik noch durch Massage zu erzielen sein; es sei denn, dass es sich um hypochondristische oder hysterische Neuralgien handelt, deren Beseitigung durch eine kräftige Bewegungs- kur allerdings nicht unmöglich erscheint. Ein grosses Gebiet für die Anwendung einer streng geregelten systematischen Gymnastik bilden dann noch die unregelmässigen Muskelinnervationen in der Form des Schreibekrampfs, des Stotterns und des Veitstanzes. Gegen den Schreibekrampf, auf dessen Pathologie hier nicht näher eingegangen werden kann, hat in der neuesten Zeit der Schreib- lehrer J. Wolff in Frankfurt a. M. ein auf Massage und der auf einzelne Muskeln streng localisirten Gymnastik beruhendes Verfahren erfunden, mit welchem er eine grosse Anzahl von Erfolgen erzielt hat, die von den hervorragendsten medicinischen Autoritäten Deutsch- lands bescheinigt sind. Eine Beschreibung dieses Verfahrens lieferte