Volume 3

Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen.

Date:
1880-1884
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Credit: Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen. Source: Wellcome Collection.

    235/608 (page 223)
    durch die Flüssigkeit, die sich in den Blasen ansammelt, schädliche Stoffe entziehen könne, was bei den bakteritischen Auffassungen der Neuzeit nicht unwahrscheinlich ist. Man legt zu beiden Seiten des Gibbus ziemlich grosse Blasenpflaster und erneuert dieselben, wenn die Abheilung erfolgt ist. Hueter empfahl eine 2proc. wässerige Carbolsäurelösung mittelst der Pravaz'schen Spritze täglich 1—2mal (also 1—2 grm. der Lösung) direct in die kranken Knochentheile ein- zuspritzen. Wenngleich manche Erfahrungen dafür sprechen, dass die Carbollösung, wenn sie an die richtige Stelle gelangt, eine gün- stige Wirkimg entfalten könnte, so liegen doch bei der Spondylitis die räumlichen Verhältnisse der Art, dass es mit grossen Gefahren verknüpft sein würde, die spitze Nadel in die Tiefe der Gewebe zu senken. Man müsste vom Kücken her schräg an dem Rückenmark vorbei die Richtung gegen den Wirbelkörper hin nehmen und dabei könnte es leicht geschehen, dass das Rückenmark oder seine Um- hüllungen angestochen würden, was, wenn auch keine direct tödt- liche, so doch jedenfalls eine schädliche Einwirkung hätte. Es kann daher dieses Verfahren für die Behandlung der Spondylitis nicht empfohlen werden. Unbedenklich dagegen wäre es, die kranke Stelle äusserlich mit einem 2proc. Carbolsäureumschlag zu bedecken. Es röthet sich dadurch die Haut, und bei der flüchtigen Beschaffenheit der Carbolsäure scheint es nicht unwahrscheinlich, dass ein Theil derselben in die Tiefe der Gewebe dringt und dort antiseptisch wirkt. Keinen Vorth eil kann man sich von der Kälte und den Blut- entziehungen versprechen. Letztere schwächen die Kinder, welche ihr Blut sehr nothwendig brauchen, da sie noch eine lange und er- schöpfende Krankheit vor sich haben, und die Kälte würde höch- stens den an sich bereits sehr chronischen Process noch mehr ver- zögern. Eine sehr grosse Rolle spielten früher bei der Behandlung der Spondylitis die äusseren Ableitungen in den verschiedensten Formen: die chemischen Aetzmittel, das Setaceum, die Fontanellen, die Moxen und das Glüheisen. Die Einführung dieser Mittel ist be- sonders zurückzuführen auf Pott, welcher diese, von den Arabern mit Vorliebe cultivirte Methode, für die Spondylitis warm empfahl und behauptete, dass er durch dieselbe in den frühen Stadien der Erkrankung alle Fälle zu heilen vermöge, während alle ohne Ab- leitungen behandelten Spondylitisfälle sterben müssten, zwei Behaup- tungen, deren Unrichtigkeit für jeden Einsichtigen auf der Hand liegt. Die grosse Bedeutung, welche Pott während seines Lebens und selbst noch lange Zeit über seinen Tod hinaus auf die Entwickelung