Volume 3

Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen.

Date:
1880-1884
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Credit: Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen. Source: Wellcome Collection.

    231/608 (page 219)
    Pharynx liegt, nach abwärts. Man nennt dieselben daher Retro- pharyngealabscesse, wobei jedoch hervorzuheben ist, dass durchaus nicht alle Retropharyngealabscesse Senkungsabscesse sind, die von einer kranken Wirbelstelle herstammen. Sehr häufig sind dieselben nichts als Eiterungen des lockeren Bindegewebes ohne jede tiefere Knochenerkrankung. Die Vorwölbung der Pharynxwand beengt den Weg für die Luft wie für die Speisen und Getränke und führt da- durch zur Dyspnoe und Dysphagie, welche beide sehr gefahrdrohende Erscheinungen annehmen können, die jedoch nach der Eröffnung des Abscesses sofort schwinden. DieAbscesse, welche sich ander Brustwirbelsäule inner- halb der Brusthöhle bilden, senken sich entweder längs der Aorta durch den Hiatus aorticus des Zwerchfells in die Bauchhöhle herab imd treten hier den bekannten Weg auf den M. psoas an, oder sie steigen, falls ihnen der Weg nach abwärts verschlossen ist, auf- wärts. Sie können dann an der oberen Thoraxappertur äusserlich sichtbar werden, nach aussen vom M. sterno-cleido-m., oder sie wan- dern in dem lockeren Bindegewebe, welches die Nerven des Plexus brachialis begleitet, zwischen erster Rippe und Schlüsselbein in die Axelhöhle. Auch kommt es vor, dass sie sich an der Aussenfläche der Pleura parietalis längs der Rippen nach vorn zu begeben und in einem Intercostalraum oder neben dem Brustbein hervorti-eten. Die Abscesse der ersteren Art erfordern die sofortige Eröffnung, so- wie sie äusserlich fühlbar geworden sind, da sie durch Druck auf die Luftröhre oder selbst durch die Perforation des Eiters in dieselbe plötzliche Erstickung herbeiführen können. Bleibt der Abscess an Ort und Stelle seiner Entstehung, so bahnt er sich allmählich längs der Wirbelbogen seinen Weg unter die Mus- culatur und, nacht Durchbrechung der Fascien, unter die Haut des Rückens. Man findet ihn hier anfangs als kleine Hervorwölbung, die aber im Laufe der Zeit sehr bedeutende Dimensionen annehmen kann. Ueberlässt man diese Abscesse sich selbst, so können sie im günstigsten Falle, der aber nur selten eintritt, wieder durch Resorption schwinden. In den meisten Fällen jedoch durchbrechen sie, nachdem sie lange Zeit bestanden haben, die Haut an einer oder noch häu- figer an mehreren Stellen gleichzeitig und entleeren nun einen schlei- migen, geruchlosen, mit Flocken und Krümeln gemischten Eiter, welchem nicht selten feiner Knochensand, bisweilen selbst grössere Sequester beigemengt sind. Letztere Eigenthümlichkeit gibt die ab- solut sichere Entscheidung dafür, dass der Eiter von einem kranken