Volume 1

Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen.

Date:
1880-1884
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Credit: Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen. Source: Wellcome Collection.

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    der Lunge und namentlich bei Lungenschwindsucht der Gebrauch des Sauerstoffes vermieden werden müsse. Beddoes schlug deshalb eine ent- gegengesetzte Behandlung ein, indem er Luft einathmen liess, die durch Beimischung von Stickstoff und Wasserstoff ärmer an Sauerstoff' als die atmosphärische Luft war. Selbst die Kohlensäure wurde von ihm zu Einathmungen benutzt und derselben ein schmerzstillender und antisep- tischer Einfluss zugeschrieben. Endlich hatte er den Aufenthalt in Kuh- ställen in verschiedenen Stadien der Phthisis in Anregung gebracht, und durch sein Ansehen und seine Schriften am Ende des vorigen und am Anfang des jetzigen Jahrhunderts einen bedeutenden Einfluss zur allge- meinen Verbreitung der Inhalationsmethode ausgeübt. Auch die physikalischen Verhältnisse der Luft wurden in diesem Jahrhundert mehr und mehr ins Auge gefasst, und die Haarlemer Akade- mie der Wissenschaften stellte im Jahre 1783 demjenigen eine Prämie in Aussicht, welcher 1. einen zu Versuchen mit verdichteter Luft geeigneten Apparat hersteilen und beschreiben, dann 2. mit Hülfe desselben Versuche über den Einfluss verdichteter Luft' auf das Leben der Thiere und Pflanzen und auf das Brennen verschie- dener Gasarten anstellen würde. Bewerbungen auf diese Einladung der Akademie liefen erst nach 50 Jahren ein in den dreissiger Jahren unseres Jahrhunderts, nachdem vorher schon von dem russischen Arzt Hamel (1820) und dem englischen Arzt Colladon (1826) an der Taucherglocke Beobachtungen über die Einwirkung und Verwerthbarkeit der verdichteten Luft zu Heilzwecken gemacht wurden. Hatten die grossartigen Entdeckungen der Chemie im vorigen Jahr- hundert die Aerzte zu übertriebenen Hoffnungen auf die Einathmungen dieser neuen luftförmigen Körper verleitet und zur Anwendung gegen alle möglichen Krankheiten veranlasst, so trat jetzt, nachdem die Erfolge dem Aufwande von Heilapparaten und den gesteigerten Erwartungen kaum annähernd entsprachen, eine starke Reaction ein, die sich ebenso sehr über alles ohne kritische Beurtheilung hinwegsetzte und die gesammte respiratorische Therapie wieder brach gelegt hat. Vierte Periode. Wie es bei jeder Culturentwicklung nach einem so heftigen Rück- schläge zu geschehen pflegt, bedurfte es erst wieder neuer, kräftiger An- regungen, um denselben vollständig zu überwinden und mit Ordnung und Sichtung des erworbenen Materials wieder vorwärts zu schreiten. Erst im zweiten Decennium unseres Jahrhunderts, als von Davy die desinficirende und antiseptische Wirkung des Chlorgases nachgewiesen, das Jod in der Mutterlauge der Seegewächse, namentlich des Varec, durch Courtjiois 1811 aufgefunden, sowie die die Expectoration beschränkende Wirkung der Theerdämpfe (Alexander Crighton, Hufeland u. A.) erkannt war, dachte man wieder ernstlich daran, gegen die früher fruchtlos be- kämpften Processe die neuen Mittel zu versuchen. Es war wieder die Tuberculose, bei der jetzt von Bourgeois, Cot- tereau, in Deutschland von Paoenstecher, Albers u. A. mit Chlorgas