Volume 3

Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen.

Date:
1880-1884
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Credit: Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen. Source: Wellcome Collection.

    222/608 (page 210)
    die Wanderangs- oder Congestionsabscesse. Ich komme auf diese beiden Arten weiter unten zurück. Man sieht aber auch nicht selten schwere Fälle von Spondylitis zur Ausheilung kommen, in deren Verlauf sich niemals ein Abscess eröffnet hat. In diesen Fällen ist es wahrscheinlich, dass die De- tritus- und Eitermassen in fein vertheiltem Zustande langsam von den Gefässen der umgebenden Gewebe aufgenommen wurden. Ja es scheint möglich zu sein, dass selbst grössere Sequester spongiösen Gewebes auf diese Weise im Verlauf einer freilich sehr langen Zeit allmählich verschwinden. Der Modus, durch welchen dies zu Stande kommt, entspricht durchaus demjenigen, durch welchen todte Knochen und Elfenbeinstücke sowie Stücke von in Alkohol gehärteten weichen Organen allmählich zur Resorption gelangen, worüber uns in der Neuzeit die Untersuchungen von Senftieben und Tillmanns') belehrt haben. Vielkernige Riesenzellen dringen in die Spalten und Lücken dieser Theile und reduciren die Masse derselben, indem sie feine Körnchen abbröckeln und in sich aufnehmen. Die Riesenzellen selbst scheinen sich, wenn sie ihre Arbeit durch gänzliche Auflösung des Fremdkörpers vollendet haben, wieder in Bindegewebe zurück- zuverwandeln, aus dem sie sich wahrscheinlich hervorgebildet hatten. Auf diese Weise können ganz erhebliche Massen abgestorbener Ge- webe beseitigt werden und dadurch die Hindernisse schwinden, welche sich lange Zeit der Ausheilung entgegengesetzt hatten. Nicht selten kommt es auch vor, dass eingedickte Massen oder kleinere Sequester in den Gallus eingeschlossen werden. Diese Art der Ausheilung ist jedoch keine zuverlässige, denn geringfügige Ge- legenheitsursachen führen in diesen Fällen nicht selten selbst nach dem Verlauf vieler Jahre von Neuem den Ausbruch der Entzündung herbei, durch welche die abgestorbenen Theile, oft mit einer erheb- lichen Menge frisch exsudirten Eiters, nach aussen entleert werden, ähnlich wie Fetzen von Kleidungsstücken oder Trümmer der Kugel nicht selten für viele Jahre im Fracturcallus eingeschlossen sind, bis sie unter lebhaften Entztindungserscheinungen ausgestossen werden. Indem die Wirbelsäule den nach hinten vorspringenden Gibbus bildet, würde sie, wenn die weiter oben gelegenen Theile ihre gegen- seitige Lage nicht änderten, eine zur Erde geneigte Haltung des Ge- sichts herbeiführen. Da diese Haltung jedoch eine sehr störende sein würde, so arbeitet der Patient derselben durch seine Muskelkraft entgegen. Er vermehrt die Vorwölbung der Halswirbelsäule und erhält dadurch den Kopf in der senkrechten Stellung. Durch die . 1) Virchow's Archiv. Bd. 77 u. 78. j