Volume 3

Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen.

Date:
1880-1884
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Credit: Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen. Source: Wellcome Collection.

    170/608 (page 158)
    der langen Zeit der Nachtruhe eine fehlerhafte Haltung anzunehmen. Auch während des Tages empfiehlt es sich, bei eintretender Ermü- dung das Kind auf diesem Lager ruhen zu lassen. Matratzen aus aromatischen Kräutern gefertigt, wie sie früher empfohlen wurden, sind Spielerei. Eine noch härtere Unterlage zu wählen, etwa das noch jetzt vielfach beliebte Liegen auf einem einfachen Fusstep- pich ist zu verwerfen, da es den Körper mehr ermüdet als stärkt. Haben die Kinder grosse Neigung, während des Schlafes sich zu- sammenzukrümmen, so empfiehlt es sich, sie im Bett zu fixiren. Am Besten geschieht dies durch die sogenannte gepolsterte Platte. Eine viereckige Platte von Eisen trägt an ihrer oberen Fläche eine starke Rosshaarpolsterung und drei weiche Lederriemen, von welchen einer darauf berechnet ist das Becken, die anderen beiden die Schultern zu umfassen. Die Platte wird einfach auf die Matratze gelegt und hält sich durch die Schwere in ihrer Lage. Alle drei Gürtel dürfen nur ganz lose geschlossen werden, so dass sie in keiner Weise im Stande sind einen Druck auszuüben. Es genügt dies vollkommen, um den Körper zu verhindern, sich zur Seite zu legen. Die hier- durch erzwung-ene horizontale Lage auf dem Rücken wird von Kin- dern sehr gut ertragen, dieselben schlafen in ihrem Apparat bald ebenso gut wie vorher frei im Bett. Bei allen Stellungen und Be- wegungen muss darauf geachtet werden, dass nicht die eine Schulter sich vordrängt. Besonders beim Schreiben ist es erforderlich, dass das Kind an einem grossen Tisch mit geraden (nicht runden) Kanten sitzt, der Stuhl so gestellt, dass die von der Tischkante senkrecht abfallende Ebene die vordere Kante des Stuhls trifft, die Höhe des Stuhls so, dass die Ellbogen in natürlicher Lage die Tischplatte er- reichen; das Heft zum Schreiben muss gleichmässig auf dem Tisch liegen und nicht schräg gedreht werden; beide Ellbogen müssen auf der Tischplatte ruhen und der Kopf nicht nach einer Seite gesenkt werden. Der Stuhl habe eine ziemlich hohe leicht nach hinten ge- neigte Lehne, so dass der Rücken, wenn er ermüdet ist, eine aus- reichende Stütze an ihr findet; die beiden Sitzbeinknorren ruhen fest in der Mitte des Stuhles und nicht auf einer Ecke oder Kante. Wird auf Alles dieses geachtet, so ist ein fester und breiter Stuhl und Tisch viel besser als alle Specialpulte, die sich meistens durch grosse Schmalheit sowohl des Sitzes als der Platte unvortheihaft auszeichnen. Auch beim Nähen, Klavierspielen u. s. w. lässt sich eine gleichmässige Körperhaltung annehmen, ohne dass diese Beschäftigungen darunter leiden. Unmöglich ist dies allerdings beim Violinespielen, da hier die beiden Körperseiten zu verschieden in Anspruch genommen wer-