Volume 3

Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen.

Date:
1880-1884
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Credit: Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen. Source: Wellcome Collection.

    160/608 (page 148)
    Diese schweren Verschiebungen der knöchernen Wände wirken selbstverständlich dislocirend zurück auf die in den Körperhöhlen enthaltenen inneren Organe. Der Wirbelkanal folgt der Krüm- mung der Wirbelsäule und hält in seiner Verschiebung etwa die Mitte zwischen der Verschiebung der Körper und der Dornfortsätze. Der Krümmung des Wirbelkanals folgt das Rückenmark, doch in etwas verringertem Grade, da es vermöge der Beweglichkeit, welche ihm die Anwesenheit des Liquor cerebro-spinalis gestattet, die Krümmungen in etwas abgekürztem Grade mitmacht. An der Stelle, an welcher es der Convexität der hauptsächlichsten Knochen- krümmung anliegt, ist es oft etwas abgeplattet, jedoch ohne ander- weitige tiefer greifende Veränderungen. Im Allgemeinen schmiegt sich das Rückenmark diesen Lageveränderungen, da sie allmähliche über viele Jahre ausgedehnte sind, sehr gut an, so dass es eine grosse Seltenheit ist, wenn bei Skoliotischen durch Erkrankung des Rücken- marks Störungen der Motilität oder Sensibilität eintreten. Dagegen werden an der Concavität der Krümmung durch das Gegendrängen der Rippen gegen einander nicht selten die Intercostalnerven gedrückt und gezerrt, was die Erklärung liefert für die Intercostal- neuralgien, an welchen schwer Skoliotische in ihrem höheren Alter nicht selten leiden. Die Verschiebung der Wirbelsäule und des Brustbeines bedingt die Verschiebung der Mediastina, und dadurch ändert sich die Lage der Lungen und des Herzens. Letzteres erträgt die oft sehr bedeutende Dislocirung Anfangs ohne Störungen zu verursachen, der Mechanismus der Klappen leidet nicht, doch ist die Muskelsub- stanz bei schwerer Skoliose im höheren Alter meist schlaff, blass und leicht zerreisslich. Auch die Lungen fügen sich Anfangs auf- fallend gut in die stark veränderten Raumverhältnisse. Sie formen sich nach der Brusthöhle, reduciren entsprechend der Raumverenge- rung des Brustkorbes ihr Volumen und arbeiten für die Ansprüche des gewöhnlichen Lebens in genügender Weise. Der wesentlichste, ja fasst einzige Respirationsmuskel bei Skoliotischen ist das Zwerch- fell, da die Erweiterung des Brustkorbes durch Hebung der Rippen ausgeschlossen ist, doch hat auch dieses durch die Asymmetrie seiner Muskelansätze an den veränderten Knochenwänden in seiner Leistungs- fähigkeit gelitten. — ' Seit Morgagni weiss man, dass die Aorta den Biegungen der Wirbelsäule folgt, ebenso dieVenae azygos und cava inferior. Der Oesophagus dagegen verlässt die Wirbelsäule und steigt vom Pharynx senkrecht zumFor. oesophageum des Zwerchfells herab. Ent-