Volume 3

Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen.

Date:
1880-1884
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen. Source: Wellcome Collection.

    131/608 (page 119)
    liebsten Tlieil der Lendenwirbelsäule und diese nimmt in Folge dessen eine stark vorgewölbte Haltung an. Sind andererseits die Bauch- muskeln ausgeschaltet, so kommt der Patient bei der gewöhnlichen aufrechten Körperhaltung in die Gefahr, hinten überzufallen, da jetzt die langen Rückenmuskeln ihre Antagonisten an der vorderen Kör- perfläche eingebüsst haben. Auch hier hilft er sich instinctiv durch Vorwölbung der Lendenwirbelsäule, die in diesen Fällen sogar eine noch stärkere ist. Er zieht durch die Thätigkeit des M. iliopsoas die Lendenwirbelsäule stark nach vorne und beugt den Oberkörper zurück. Jetzt balancirt er seinen Körper zwischen der Wirkung der Mm. iliopsoas und der Mm. sacrolumbales, während die Schwere des vortretenden Bau- ches und des rücktretenden oberen Rücken- theiles sich gegenseitig ausgleichen. So kommt es, dass die Ausschaltung grosser Muskelmassen sowohl an der vorderen als an der hinteren Körperfläche die Lenden- wirbelsäule lordotisch vorwölben, wenn- gleich in beiden Fällen die Haltung nicht genau dieselbe ist. Als Beispiel für die Vor Wölbung der Lendenwirbelsäule in Folge von Atro- phie der langen Rückenmuskeln diene fol- gende Abbildung (Fig. 2), welche einen 4jäh- rigen Knaben zeigt, der im letzten Jahre ohne nachweisbare Ursache von der Atro- phie befallen wurde. Die paralytische Form der Lordose fixirt sich nie. Selbst wenn der Patient Jahre lang mit dem ausgebogenen Rücken gegan- gen ist, so schwindet die Vorwölbung doch sofort, wenn man ihn in die horizontale Lage bringt, wo sich die Wirbelsäule der Unter- lage glatt anlegt. Man kann diese Form der Lordose daher nicht als fixirte De- formität betrachten. Noch seltener als durch Paralyse wird die Lor- dose durch Contractur bedingt. Derjenige Muskel, welcher durch seine Contractur diese Stellung herbeiführen würde, ist der M. ilio- psoas, doch ist dieselbe abhängig von Nerveneinfluss bisher nicht be- obachtet. Dagegen kommt es vor, dass sich der M. iliopsoas narbig verkürzt, wenn Eiterungen in ihm stattgefunden haben, entweder in