Volume 3

Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen.

Date:
1880-1884
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Credit: Handbuch der allgemeinen Therapie / von H. von Ziemssen. Source: Wellcome Collection.

    119/608 (page 107)
    als jene, ka.nn jedoch nur als eine Abnormität von geringer Bedeutung betrachtet werden, da sie nur selten Beschwerden verursacht. Eine Therapie gegen diese Deformitäten des Brustkorbes ein- zuleiten, ist nur in seltenen Fällen erforderlich. Gänzlich verfehlt ist es, das Pect. car. durch circuläre Einwickelungen des Brustkorbes verhindern oder heilen zu wollen. Die einzige Folge dieses Ver- fahrens wäre eine Erschwerung der Kespiration, was bei den so häufig mit schwerem Lungenkatarrh behafteten rhachitischen Kindern selbst ernste Lebensgefahr hervorrufen könnte. Auch in den späteren Lebensjahren, in denen der rhachitische Process geschwunden ist, kann man nicht hoffen durch circuläre Einwickelungen corrigirend einzuwirken. Rationeller wäre für diesen Zweck ein elastischer Druck, welcher das Brustbein der Wirbelsäule entgegenführt, ohne dass die seitliche Brustwand von demselben betroffen wird, doch tritt diesem Verfahren die Complicirtheit des hierzu erforderlichen Apparates hindernd entgegen. Da nun auch bei dem fast sicher im Laufe der Jahre zu erwartenden spontanen Ausgleich keine Veran- lassung für eine mit Beschwerden verknüpfte Therapie vorliegt, so ttberlässt man den Process am besten sich selbst. Zeigen sich im 8—10. Lebensjahre noch Ueberreste von dem- selben und wird aus Rücksichten auf die Schönheit der Körperformen Werth darauf gelegt, dieselben vollkommen verschwinden zu lassen, so empfiehlt sich am meisten eine längere Zeit fortgesetzte gym- nastische Behandlung, welche mit hervorragender Berücksichtigung der Uebungen im Hang durch die Anspannung der beiden grossen Brustmuskeln einen nach aussen gerichteten Zug auf die eingezoge- nen Rippenknorpel zu erstreben hätte. Es ist nicht zu bezweifeln, dass hierdurch der Ausgleich beschleunigt wird. Das eingezogene Präcordium ist einer wirksamen Behandlung unzugänglich, denn wir haben keine Mittel, dasselbe wieder bis zu dem normalen Niveau zu heben. Bei der geringen Bedeutung dieser Abnormität ist indes diese Lücke in der Therapie leicht zu verschmerzen. Die Deformitäten der Wirbelsäule sind ausserordentlich vielseitig und von sehr grosser Bedeutung. Die Wirbelsäule bildet den Grundstock des Körpers, sie ist es, welche der ganzen Thier- klasse, in der sie sich findet, den entscheidenden morphologischen Charakter aufprägt und daher mit vollem Recht von Lamarck zur Bezeichnung dieser Thierklasse als der der Wirbelthiere verwandt wurde; an sie legen sich alle anderen Theile an, sie umschliesst in ihrer Höhlung das centrale Nervensystem, dessen oberer Theil sich im Verlauf der phylogenetischen Entwickelung zum Gehirn ver-