Festgabe der Medizinischen Fakultät.

Universität Zürich. Medizinische Fakultät.

Date:: 1914

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Credit: Festgabe der Medizinischen Fakultät. Source: Wellcome Collection.

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den berühmten alten Leuten in den Zeitungen liest, daß sie dank ihrer guten Gesundheit noch bis ins 80. Jahr ohne Brille haben lesen können, so ist diese Darstellung der Sache falsch. Alle, die im höhern Alter (60 und darüber) noch ohne Brille feinen Druck lesen, sind kurzsichtig, — mindestens an einem Auge, — ohne daß sie sich manchmal dessen bewußt sind, und bloß deshalb können sie diese Leistung noch vollbringen. Daher konnte auch Goethe die Altersbrille entbehren; er sah dafür aber von bloßem Auge nie gut in die Ferne. Es ist wichtig, diesen Irrtum betreffend die brillenlosen alten Leute zu korrigieren, was ich auch bei jeder Gelegenheit tue1, denn er bringt die Altersbrille unnötig in Verruf. Viele glauben, es sei ein Zeichen von schlechter Gesundheit und Ab- nehmen der Kräfte im allgemeinen, daß sie eine Brille zum Lesen aufsetzen müssen, während nur ein bei allen Menschen gleicher Fehler der Augenlinse vorliegt. Auch bei Myopen hat die Linse diesen Fehler, aber er kommt wegen der Kurz- sichtigkeit nicht zum Vorschein. Ist aber diese nur schwach, so kommt es dazu, daß ihr Träger für die Ferne ein Hohlglas, für die Nähe aber, wenn er 50—60 Jahre geworden, auch ein Sammelglas braucht, wie die Normalen, er braucht es bloß erst später. Daß die Brille für die Korrektur der Kurzsichtigkeit so spät erst in Gebrauch kam, beruht auf der mangelhaften Kennt- nis der optischen Verhältnisse des Auges, die auch bezüglich der Übersichtigkeit (oder weniger gut gesagt „Weitsichtigkeit“) erst Mitte des 19. Jahrhunderts ganz klar gelegt wurden. Aber noch langsamer als die Kenntnisse in der Optik des Auges entwickelte sich die Optik der Brillen und die rationelle Form der Augengläser, sowohl der Brille, wie des Klemmers. Erst die Neuzeit brachte uns einerseits bequem und richtig sitzende Fassungen, anderseits genau geformte und besser ge- schliffene Gläser. In letzterer Hinsicht sind die Fortschritte der letzten Jahre groß und hat Gullstrand in Upsala sich durch Berechnung leistungsfähigerer Gläser ein besonderes Verdienst erworben. Auch in der Herstellung der Doppelfocusgläser sind erheb- liche Fortschritte zu verzeichnen. Es sind das Gläser, welche !Haab, Über die Pflege der Augen. Rede, gehalten am 71. Stiftungs- tage der Züricher Hochschule. Schweiz. Pädagog. Zeitschrift 1904.