Volume 1

Handbuch der gesamten Augenheilkunde / herausgegeben von Prof. Arlt [and others] ; redigiert von Alfred Graefe and Theod. Saemisch.

Date:
1874-1880
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Credit: Handbuch der gesamten Augenheilkunde / herausgegeben von Prof. Arlt [and others] ; redigiert von Alfred Graefe and Theod. Saemisch. Source: Wellcome Collection.

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    Augenmuskeln die abgezweigten Muskelfasern makroskopisch nicht wahrzuneh- men, mikroskopisch stets solche nachzuweisen sind, ist nach früheren Untersu- chungen nicht Unwahrscheinlich. Fragt man nach der Bedeutung dieser constanten mit Muskeln versehenen Fascienanheftungen am Knochen, so ist sie unschwer zu finden. Sie stellen nichts weiter dar, als die lange vergeblich gesucl^eu HemmungsVorrichtungen für die Augenmuskeln. Jedes Gelenk hat Hemmungsvorrichtungen, welche die Bewegung schon eher hindern, als es die Configuration der Gelenkflächen selbst thun würde. Es ist also nicht wunderbar, dass auch die Arthrodie, welche der Bulbus darstellt, solche Hemmungsapparate zeigt. Der Beweis, dass wirklich gerade diese Fascien- anheftungen die erwähnte physiologische Wirkung haben, kann leicht durch das Experiment erbracht werden. Oeffnet man die Orbita von hinten und legt mit Schonung der Fascienzipfel die Augenmuskeln frei, so wird ein Zug an ihnen keine grösseren Excursionen des Bulbus zulassen, als man sie auch im Leben beobachtet. Schneidet man aber die Anheftungen der Fascienzipfel durch, dann zieht sich erstens der Bulbus weit in die Augenhöhfe zurück und dann lässt er sich soweit herumdrehen , bis sich die Sehne des betreffenden Muskels ganz ab- gewickelt hat, so dass also z. B. bei Freimachung des Recl. super.die Cornea ge- gen den vorderen Theil des Augenhöhlendaches blickt, eine Stellung, welche im Leben niemals eingenommen werden kann. Die Hemmung der Recti und des Lev. palpebr. liegt in der Fascie jedes ein- zelnen derselben, sie sind also, wie jede Betrachtung lehrt, gänzlich unabhän- gig von einander. Anders aber ist es bei den Obliquis. Wie erwähnt, besitzt ja der Obliquus inferior keine Anheftung seiner Fascie an den Knochen '), sondern vereinigt sich nur mit der des Recl. infer. Dies scheint nicht zur Erreichung des gewünschten Zweckes zu genügen, denn es übernimmt sein Antagonist, der Obliquus superior auch für ihn die Hemmung, da seine Hemmungsvorrichtung von zwei verschiedenen Seiten aus den fixen Punkt (die Trochlea) angreift. Die Fascienumhüllung, die sich von der Trochlea aus nach hinten auf den Muskel- bauch des 06/. sup. fortsetzt, gehört, wie ein ausgeübter Zug am Muskel lehrt, izu seiner eigenen Hemmung. Die vordere Fascie hat sich bei dieser Bewegung leicht in Falten gelegt. Zieht man aber umgekehrt an der Insertion am Bulbus, ahmt man also die Bewegung, die der M. obl. infer. macht, nach, so spannt sich der vordere Theil der Fascie, welcher von der Trochlea aus die Sehne des Obliqu. super, überzieht, während sich nun der hintere Theil derselben faltet. Der erste Entdecker der Kapsel des Bulbus beschrieb dieselbe unter dem Eindruck der IBiCHAT'schen überall gefundenen Säcke ebenfalls als einen solchen, dessen eines Blatt die Pe- riorbita, dessen anderes invertirtes Blatt die Kapsel sein sollte. Lange Zeit schlössen sich die üntersucher seiner Ansicht an und es wurde die TENON'sche Kapsel als ein Ueberzug des Seh- nerven , des Bulbus, und auch noch der Muskeln geschildert. Erst in neuerer Zeit hat sich die Erkenntniss Bahn gebrochen , dass man in der Kapsel Iceine eigentliche Hohlkugel, son- dern nur, wie sich schon Henle geäussert hat, einen um den Bulbus gelegten vorn und hinten offenen Ring vor sich hat. ^ Die Fortsetzungen der Fascien der Augenmuskeln sind schon lange bekannt, wurden je- doch in ihrer Bedeutung bis jetzt noch nicht genügend gewürdigt. 1) Ein einziges Mal sah ich einen sehr kräftigen Faserzug aus dem Septum orbitale an die Fascie des Obliquus inferior hinziehen.