Anatomie und Physiologie des menschlichen Stimm- und Sprach-Organs (Anthropophonik.) : nach eigenen Beobachtungen und Versuchen wissenschaftlich begründet und für Studirende und ausübende Ärzte, Physiologen, Akustiker, Sänger und Gesanglehrer, öffentliche Redner, Pädagogen und Sprachforscher dargestellt / von Carl Ludwig Merkel.

  • Merkel, Carl Ludwig, 1812-1876.
Date:
1857
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Credit: Anatomie und Physiologie des menschlichen Stimm- und Sprach-Organs (Anthropophonik.) : nach eigenen Beobachtungen und Versuchen wissenschaftlich begründet und für Studirende und ausübende Ärzte, Physiologen, Akustiker, Sänger und Gesanglehrer, öffentliche Redner, Pädagogen und Sprachforscher dargestellt / von Carl Ludwig Merkel. Source: Wellcome Collection.

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    allen den oben genannten Wissenschaften, deren jede allein ein Menschen leben in Anspruch nimmt, werden kann, und ob, da das Gebiet der Wis- senschaft, das ich als Anthropophonik mir abgesteckt und zu bebauen ver- sucht habe, nun einmal seinen Inhalt aus den Ergebnissen und den Mitteln der gedachten Hilfswissenschaften entlehnen musste, ein anderer, als ein sogenannter Dilettant, d. h. ein gutwilliger Mensch von leidlicher Vorbil- dung, der sich die Mühe nicht verdriessen liess, in der ihm von seinem Be- ruf (z. B der ärztlichen Praxis) frei gelassenen Zeit in allen jenen Doktri- nen) das zu seinem Zwecke erforderliche Stück nach seinem Plane zu be- arbeiten, die Anthropophonik wissenschaftlich begründen konnte? Will und darf man unter solchen Umständen an die einzelne Leistung den Maassstab der Wissenschaftlichkeit anlegen, den man an die des speciellen Fachgelehr- ten anzulegen berechtigt ist? Nein! die Anthropophonik als Wissenschaft ist ihrem Wesen nach eben ein Produkt jenes edlern, in unserer Zeit leider so selten gewordenen Dilettantismus oder Eklekticismus, welcher nicht mit allen Kräften von einer Seite aus, ohne Seitenblicke zu thun, ins Innere der Natur bohrt, sondern gleich von herein mehrere Seiten oder Gebiete menschlicher Erkenntuiss in Angriff nimmt, die er, bei genügender anato- misch-physiologischer, physikaler und musikaler (weniger mathematischer) Vorbildung**), nach einem gewissen Plane und innerhalb gewisser, vorläu- fig nicht zu weit gesteckter Grenzen zu seinem Zwecke ausbeutet. Mag auch in der neuern Zeit diese Art, die Wissenschaften zu behandeln, dem exakten, *) Um 4em Leser einen kleinen Begriff von der Verschiedenartigkeit dieser Doktrinen, mit den ich mich beschäftigen musste, zu geben, stelle ich hier einige der Schriften und sonstigen literarischen Hülfsmittel, wie sie mir gerade einfallen, zusammen, welche ich bei Ausarbeitung meines Werks mehr oder weniger gründ- lich zu studiren Veranlassung hatte: Müller Archiv für Physiologie. — Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft. — Petermann geographische Mit- theilungen. — Berliner Musikzeitung Echo und mehrere andere musikal. Zeitschrif- ten. — Harless Abhandlung über die Stimme. — Bopp Grammatik des Sanskrit. — Zamminer die Musik und die musikal. Instrumente. — Thürnagel Lehrbuch der Schauspielkunst. — Hauptmann Harmonik und Metrik. — Reich erster Unter- richt der Taubstummen. —Kölliker Geweblehre. — Tosi, Marx, Nehrlich u. a. Gesangsclmlen. — De Conrcelles Icones muscnlorum capitis. — Mendelssohn Musik zu Antigoue und Oedipus etc. etc*. **) Diese muss freilich vorhanden sein. Wer auf irgend einem Gebiete unserer Wissenschaft etwas leisten will, der muss durch gründliche anatomische und physi- kale Vorarbeiten sich erst die Fähigkeit erworben haben, auf diesem Gebiete zu beobachten, d. Ii. das, was ihm darin vorkommt, als das erkennen zu können, was es wirklich ist, und in der Bedeutung, die es zu den andern Erscheinungen bat: er muss gelernt haben, an die Natur vernünftige Fragen zu richten, aber auch die Antworten zu vernehmen, welche sie auf diese Fragen giebt. Sonst tappt er im Finstern, er sieht entweder gar Nichts, oder übersieht das Wesentliche, und es kommt ihm, wie Hrn. Angertnann, eins über dein Andern „eigenthümlioh vor, d. h. er weiss nicht, was er daraus machen sull.